05 | 2019 Editorial

Wer hat Angst vor China?

Mongkol Chuewong – stock.adobe.com

Lange erwartet, allseits befürchtet: Die nächste Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China fordert die globalisierte Welt heraus.

Nachdem die USA angekündigt hatten, ihre Sonderzölle auf chinesische Warenimporte im Wert von 200 Mrd. US-Dollar anzuheben, kam prompt die Retourkutsche aus Peking: Ab dem 01. Juni 2019 wolle man Waren im Wert von 60 Mrd. US-Dollar höher besteuern.

Eine Entwicklung, die zunächst dem Dow Jones und S&P 500 einen deutlichen Dämpfer von rund – 2,5 % versetzt hatte, von dem sich die Indizes jedoch erstaunlich schnell wieder erholten. Die europäischen Börsen waren ohnehin gelassen geblieben. Noch herrscht offenbar die Hoffnung vor, dass sich bei den nächsten Gesprächen in den kommenden Wochen eine Lösung finden lässt für ein Dilemma, das erstmal keine Gewinner kennt – dafür aber die Weltwirtschaft seit Monaten lähmt.

Der Handelskonflikt wirke sich umso stärker auf die Weltkonjunktur aus, je länger er dauere, urteilt dazu beispielsweise BDI-Chef Joachim Lang: Unternehmen investierten nicht, wenn unklar sei, ob ihre Geschäfte bald durch Zölle unterbrochen würden. Von dem Handelskonflikt betroffen sind auch deutsche Unternehmen mit Produktionsstätten in den USA und China.

Auch wenn sich die Börsenkurse unmittelbar nach der chinesischen Reaktion wieder ins Plus drehten, bleibt also offen, wie lange der Konflikt die Realwirtschaft und die Kapitalmärkte beschäftigen wird.

Und der nächste Stolperstein für die Märkte liegt schon bereit: Ganz unmittelbar steht uns eine „Schicksalswahl“ bevor – die zum nächsten Europaparlament. Man könnte meinen, Krise folge auf Krise. Dabei geht es, wenn man mal das große Ganze betrachtet, der Menschheit so gut wie nie zuvor in ihrer Geschichte.

Zum ersten Mal sind weniger als 10 % der Menschen auf der Welt von extremer Armut betroffen. Beispiel China: 900 Mio. Chinesen sollen bis zum Jahr 2020 der Mittelschicht angehören. Die Anzahl der Gewalttaten geht weltweit zurück, Bildung und insbesondere Alphabetisierung nehmen hingegen rasant zu. In Afrika wird die Industrialisierung übersprungen und weite Schichten landen direkt in der Digitalisierung, die eigene kreative Lösungen für genuin afrikanische Herausforderungen bietet.

Alles Erfolge, die genauso wie der chinesisch-amerikanische Handelsstreit mit der Globalisierung zusammenhängen. Ein unumkehrbarer Prozess, der vielen Menschen in Deutschland (und in Europa) Angst macht, obwohl auch wir unmittelbar davon profitieren. Und der im Übrigen auch direkte Auswirkungen auf das Portfolio- und Risikomanagement hat. Dazu mehr in unserem Fokus-Thema in diesem Monat.

In diesem Sinne: In jedem Wandel wohnt eine Chance inne. Ergreifen wir sie.

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