Tabellen führen zwar nicht immer zur Transparenz, aber die nachfolgende wahrscheinlich schon. Unter der Annahme, dass das Zinstief nun erreicht worden ist, lohnt sich ein Blick auf die Kursverluste, die zehnjährige Staatsanleihen erleiden würden, wenn der Zins innerhalb eines Jahres auf bis 2 % Fälligkeitsrendite steigen würde. Richtig: in Japan und Frankreich würden Verluste um rund 25 % zu Buche schlagen, in Deutschland und der Schweiz unheimliche 30 %! Andererseits wäre eine weitere Verschärfung der negativen Rendite auf minus 2 % wieder mit zweistelligen Kursgewinnen verbunden.
Wenn also die Zinswende Wirklichkeit werden sollte (was man logischerweise erst mit gehörigem zeitlichem Abstand erkennen kann), würde eine Positionierung in langlaufenden Anleihen genau die falsche Strategie darstellen. Aber auch im Hinblick auf Bonitäten würden Qualitätspapiere unabhängig von der Laufzeit mehr als den nahe Null liegenden Kupon an Verlusten einfahren, wenn einmal die Renditen zu steigen beginnen. Die Lösung des Anlagenotstands liegt auch nicht in illiquideren Papieren, die aufgrund dieser Eigenschaft höhere Renditen als der Markt aufweisen müssen. Die europäische Wertpapieraufsicht (ESMA) hatte in diesem Zusammenhang Liquiditätsstresstests bei Fonds durchgeführt und veröffentlicht, nachdem drei Fondsmanager infolge des Abzugs von Mitteln in Schwierigkeiten gekommen waren. Sie hatten schlicht zu viele nicht oder schwer handelbare Anleihen im Fondsvermögen platziert und scheiterten an deren Verkauf. Es ist also nicht gerade ungefährlich, Illiquidität als Alphaquelle zu verwenden.
Wer kauft eigentlich die Anleihen, bei denen statt Zinsen zu erhalten, am Ende Geld mitgebracht werden muss? Es sind die Versicherer und Pensionskassen, die qua ihrer Anlagegrundsätze nur begrenzt auf andere Anlagen ausweichen dürfen. Und es sind ausländische Investoren, die im Heimatland ein höheres Zinsniveau haben und über die Absicherung des Währungsrisikos via Devisentermingeschäft auf dessen Fälligkeit mehr erhalten als den aktuellen Wechselkurs. Am Ende bleiben noch diejenigen unter den Investoren, die weiter sinkende Zinsen und damit einen steigenden Kurs der Anleihen erwarten, der den zu zahlenden Kupon übersteigt.
Bleibt noch das aktiennahe Segment der höher rentierlichen Anleihen. Hier spielen vor allem das Geschäftsmodell und die Schuldendienstfähigkeit, besser ausgedrückt als Verhältnis von Nettoverschuldung zu Bruttomarge, die entscheidende Rolle. Hinzu kommen makroökonomische Rahmendaten wie Geldpolitik und Kreditvergabebereitschaft. Verglichen mit früheren Perioden steht die Unternehmensverschuldung, exemplarisch dargestellt an NonFinancials aus den Vereinigten Staaten, auf relativ hohem Niveau. Allerdings neutralisiert sich diese Feststellung in Anbetracht der akkomodativen Geldpolitik der Notenbanken.
Bislang konnten sich die Anleiheportfolios der Vermögensverwaltung im laufenden Jahr trotz einiger Schieflagen (z. B. Thomas Cook) relativ gut behaupten. Die Rendite seit Jahresanfang streut von 5,55 % bis 9,6 % (YTD), die Fälligkeitsrenditen steigen von 4,06 % auf bis zu 9,46 %. Es gibt also noch die positiven Kupons! Der US-Dollar ist dabei derzeit nicht gegen Euro abgesichert. Insofern wird bei gemischten Portfolien die Mehrrendite gegenüber reinen EuroPortfolios über die Inkaufnahme von Abwertungsrisiken des US-Dollar erzielt. Das muss aber nicht dauerhaft so bleiben.