Verlässliche Wirtschaftsdaten wie der globale Einkaufsmanager-Index stehen seit dem Sommer unterhalb der eine Expansion signalisierenden Marke von 50 und fielen zuletzt noch immer. Allerdings muss man konstatieren, dass der Rückgang im Vorjahresvergleich bereits abbremst, was zu dem Ergebnis führt, dass der größte Teil des Rückgangs inzwischen hinter uns liegt. Dasselbe Signal erhält man auch von den Frühindikatoren. Die Hoffnungen der Anleger richteten sich in jüngster Zeit in Richtung der Notenbanken mit der Forderung nach einer noch expansiveren Geldpolitik. Was auf den ersten Blick ungerechtfertigt aussieht, relativiert sich auf den zweiten, denn mit Stand Juni 2019 – also bereits nach Monaten rückläufiger Frühindikatoren – hatten lediglich 3 % der Notenbanken reagiert. Die erste Senkung der Leitzinsen durch die Fed erfolgte erst im Juli. Mit dem 12. September kam auch die EZB mit einer Senkung des EZB-Zinses um 0,1 % und einem zeitlich unlimitierten Anleihekaufprogramm den Erwartungen des Marktes nach. Gerade das Kaufprogramm sendete das Signal aus, dass die EZB die Wachstumsverlangsamung bis hin zur drohenden Rezession im Euroraum als ernst zu nehmendes Risiko sieht. Man hätte vermuten können, dass die Anleiherenditen danach ihren Abwärtstrend, den sie seit Anfang September weltweit eingeschlagen hatten, nun verstärkt fortsetzen würden. Doch weit gefehlt: Bereits bis zum folgenden Tag hatten die zehnjährigen US-Staatsanleiherenditen einen Anstieg von 1,43 % auf 1,88 % gesehen, die Rendite deutscher Bundesanleihen erreichte nach Spitzenwerten mit -0,72 % wieder -0,46 % Fälligkeitsrendite. Dennoch wird mit einer erneuten 0,25 %-igen Senkung des Fed Funds-Zinses im Dezember gerechnet, nach jeweils 0,25 % im Juli und September.
Anschläge in Saudi-Arabien verunsichern Anleger
An den Aktienmärkten wurde die Perspektive auf ein Handelsabkommen zwischen den USA und China im Oktober ebenso positiv aufgenommen wie die bereitwilligen Geldmarktmanöver der Notenbanken. Seit dem Aktienmarkttief im August konnten die Aktienmärkte sich wieder dem oberen Rand der nun Monate alten Seitwärtsbewegung annähern. Erst die Attacken auf die Öl-Infrastruktur in Saudi-Arabien trübten wegen des Risikos kriegerischer Auseinandersetzungen in der Golfregion das sich aufhellende Börsengeschehen vorerst wieder ein. Innerhalb der Aktien waren die über Monate abverkauften zyklischen Titel seit Mitte August zu den neuen Favoriten mutiert, denn gerade sie würden von einer Lockerung der Zollschranken am meisten profitieren. Doch vor allen anderen Sektoren gewannen Banken in diesem Zeitfenster weltweit am meisten, sind sie doch Hauptnutznießer steigender Anleiherenditen. Das Sorgenkind des vergangenen Monats, Italien, verschwand mit der Vereidigung der neuen Regierung vollends aus den negativen Schlagzeilen und wurde von Spanien abgelöst, wo nach monatelangen Verhandlungen die Regierungsbildung gescheitert war. Als Termin für Neuwahlen wurde der 10. November bekanntgegeben. Es ist die vierte derartige Abstimmung in vier Jahren. Umfragen zufolge könnte das Ergebnis erneut eine politische Pattsituation im Parlament sein.
Steuersenkungen in Sicht
Soweit so gut bzw. so schlecht. Die US-Regierung will im nächsten Jahr einen weiteren Steuersenkungsplan vorstellen. Das Vorhaben solle vor allem die Mittelschicht deutlich entlasten. Der Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, Larry Kudlow, fügte gleich geflissentlich hinzu, dass der Schritt nicht dazu gedacht sei, eine mögliche Rezession zu bekämpfen, die der US-Wirtschaft durch den amerikanisch-chinesischen Handelsstreit droht. Zur Höhe der geplanten Steuersenkungen machte Kudlow keine Angaben. Das Vorhaben solle etwa Mitte 2020 der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Am US-Arbeitsmarkt offenbaren sich derzeit erste Abschwächungstendenzen, nun rückt der Dienstleistungssektor nach. Daraus könnte sich für den US-Präsidenten ein ernsthaftes Problem für seine Wiederwahl ergeben, wenn seine derzeit wichtigste Stütze wegfällt.
Handelsstreit zeigt Wirkung
Auch auf chinesischer Seite mehren sich die Spuren der Zölle. Die chinesische Industrieproduktion ist im August so langsam gewachsen wie seit mehr als 17 Jahren nicht mehr. Mit einer Wachstumsrate von 4,4 % lag sie deutlich unter den erwarteten 5,2 % und war nochmals schlechter als der Anstieg von 4,8 % im Juli. Damit bekommt die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft immer mehr die Auswirkungen des Handelsstreits mit den USA zu spüren, der auch die Nachfrage im eigenen Land nach Industriegütern dämpft. Der chinesische Premierminister Li Keqiang hält wegen des Handelskonflikts mit den USA und der schwachen globalen Konjunktur inzwischen ein Wirtschaftswachstum in China von mehr als 6 % nur für sehr schwer erreichbar. Weniger internationaler Handel trifft auch Chinas Nachbarn hart. Japans Exporte sind den neunten Monat in Folge gesunken. Im August wurden 8,2 % weniger japanische Waren ins Ausland geliefert als im Vorjahresmonat, wie aus veröffentlichten Daten des Finanzministeriums hervorgeht. Vor allem die Nachfrage nach Autos, Autoteilen und Maschinen zur Halbleiterproduktion ließ nach. Allerdings hatten Analysten mit einem noch größeren Rückgang von fast 11 % gerechnet.