03 | 2020 Markt

Virus lässt Zinsen fallen

Jerome Powell hat am Montag die Märkte mit einer 0,5 %igen Senkung der Fed-Funds-Zinsen überrascht. Trotz moderaten Wachstums der US-Konjunktur hat die Corona-Virus-Epidemie der Wirtschaft laut der Notenbank in den vergangenen Wochen geschadet. Wie in anderen Regionen der Welt auch belastete der Virus die Reise- und Tourismusbranche und sorgte für Verzögerungen in den Lieferketten. In mehreren Unternehmen wird weiterhin mit Problemen in den kommenden Wochen gerechnet. Dabei: Die Freude über eine überraschende US-Zinssenkung zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Virus-Epidemie hatte zuerst einmal einen Schlusspunkt hinter den Ausverkauf gesetzt, obwohl am Dienstag nach der Zinssenkung der Ausverkauf mit durchschnittlich -3 % an den US-Börsen erst einmal weiterging. Man kann nun trefflich streiten, ob die US-Notenbank damit einen Fehler gemacht hat, doch eines ist klar: Unter der Überschrift, dass der Fed-Zins zum Zustand der Konjunktur passen muss, war der Schritt absolut richtig, denn eine rezessive Phase, die sich für die Weltkonjunktur durch den Stillstand ankündigt, wird auch an den Vereinigten Staaten nicht spurlos vorüberziehen. Im Übrigen macht das Beispiel Amerikas schon Schule. Denn Hongkong und Kanada zogen am Mittwoch mit jeweils einem halben Prozentpunkt die Zinssenkung nach.

Zuvor hatten sich die Finanzminister und Notenbankchefs der G7-Staaten (USA, Deutschland, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada) zu geeigneten Maßnahmen im Umgang mit der Krise durch den Virus per Telefonkonferenz ausgetauscht. Japans Finanzminister Taro Aso wurde zitiert, dass geldpolitische Reaktionen oder höhere Staatsausgaben in Frage kämen. Konkret beschlossen wurde allerdings nichts – und es bleibt abzuwarten, ob es ein einheitliches Vorgehen geben wird.

Die EZB hält bisweilen still und tut auch gut daran. Denn es darf bezweifelt werden, dass die Auswirkungen der Viren-Epidemie auf die Wirtschaft durch Minus-Zinsen einzudämmen wären. Anders als in den jüngsten Krisen der Vergangenheit ist nicht die Nachfrageseite, sondern die Angebotsseite des Marktes betroffen. Notwendige Quarantäne-Maßnahmen, abgesagte Veranstaltungen wie die Reisemesse ITB, eingeschränkte oder abgesagte Geschäftsreisen etc. betreffen in erster Linie die Unternehmen, weniger die Konsumenten. Und auf der Angebotsseite wirkt expansive Geldpolitik erfahrungsgemäß wenig. Mal ganz abgesehen davon, dass die EZB ihre geldpolitischen Möglichkeiten ohnehin weitgehend ausgeschöpft hat. Sie sollte daher nicht leichtfertig mit ihren verbliebenen Optionen umgehen und sich nicht durch die Handlungen anderer Währungshüter unter Druck setzen lassen.

Ausblick

Ohnehin schon in weite Ferne gerückt, wird die Rücknahme der expansiven Geldpolitik durch den Corona-Virus noch einmal zusätzlich erschwert.

NEWSLETTER-ABO

Die wichtigsten Neuigkeiten aus der Finanzbranche fassen wir Ihnen regelmäßig in einem persönlichen Newsletter zusammen.

Newsletter abonnieren

DIALOG

Als Mitglied der PATIO Lounge teilen Sie Ihr Wissen und Ihre Sicht auf die Finanzwelt mit anderen. Wir freuen uns auf den Dialog.

Artikel einsenden

EMPFEHLEN SIE UNS

Ihnen gefällt die PATIO Lounge?
Dann empfehlen Sie uns weiter.