Markt- und Meinungsforscher haben es derzeit nicht leicht. Ein ums andere Mal liegen sie mit ihren Prognosen daneben. Ginge es nach den Ergebnissen ihrer hoch dotierten Arbeit, gäbe es keinen Brexit, Clinton würde US-Präsidentin und Sarkozy hätte in Frankreich die Nase vorn.
Doch jedes Mal lagen die Experten daneben. Wie kann das sein? Basieren die Ergebnisse doch auf den Antworten realer Menschen, die an aktuellen Umfragen teilgenommen haben. Die Fragen werden von erfahrenen Forschern gestellt und sind präzise, die Antwortmöglichkeiten in der Regel auch. Daran liegt es wohl nicht.
Die Frage ist daher eher, ob die richtigen Leute befragt wurden. Eine Verzerrung der Ergebnisse kommt schon allein dadurch zustande, dass nicht jeder an solch einer Befragung teilnehmen will. Andere sind schlicht für die Forscher schwer zu erreichen. Eine vollständige Repräsentativität einer Stichprobe ist unmöglich.
Ein anderes Phänomen, dass zu Verfälschungen führen kann, ist der „Shy-Trump-Effekt“: Die Befragten trauen sich nicht zu sagen, was sie wirklich denken und wen sie wirklich wählen. Trump galt als „politisch nicht korrekt“. Die Bildungselite des Landes hielt Trump aufgrund seiner umstrittenen und diskriminierenden Aussagen lange für unwählbar. Diese Perspektive spiegelten auch die Medien wider, doch sie entsprach möglicherweise nicht der Sicht aller Bevölkerungsgruppen. Wer für Trump war, bekannte sich unter Umständen nicht öffentlich dazu, weil er Angst hatte, von seinem persönlichen Umfeld deswegen kritisiert oder gar ausgegrenzt zu werden.
Ein anderer Verzerrungsfaktor sind die Nichtwähler. Sie nehmen zum Teil zwar an Umfragen teil, gehen dann aber nicht zur Wahl. Insbesondere in den USA spielt allerdings auch das Wahlsystem an sich eine wichtige Rolle. So gewann Hilary Clinton durchaus die meisten Stimmen in der Bevölkerung, nicht jedoch der Wahlmänner. Und die entscheiden.
Am Ende zeigen die genannten Prognosefehler die Grenzen der statistischen Vorhersagbarkeit auf. Es bleibt bei aller methodischer Raffinesse die Unberechenbarkeit solcher Ereignisse.
Hier gibt es übrigens auch Parallelen zur Kapitalanlage: Es ist die klassische Diskussion von technischer Chartanalyse und fundamentaler Unternehmensanalyse. Die eine Methode versucht, Muster zu erkennen und daraus das Verhalten der Markteilnehmer abzuleiten. Die andere setzt auf langfristig rationales Verhalten der Marktteilnehmer und berücksichtigt daher nur die nackten Unternehmensdaten. Wie in der Politik bleibt letztlich die Unberechenbarkeit.
Investoren, Asset Manager und Vermögensverwalter müssen mit dieser verbleibenden Unberechenbarkeit umgehen. Eine langfristig nachhaltige Investitionsstrategie sollte daher immer auch das Undenkbare berücksichtigen und entsprechende Absicherungen beinhalten.
In diesem Sinne: Seien Sie aufgeschlossen und sehen Sie in der Unberechenbarkeit eine Chance!