10 | 2017 Fokus

„Stresstest“ für alte Bekannte?

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Wenn Kunden bei einer Bank – oder Sparkasse – Gelder anlegen wollen, bewegen sich ihre Interessen innerhalb der drei Eckpunkte Rendite, Liquidität und Sicherheit. Gerade in Zeiten magerer Zinsen kommt das Dreieck jedoch aus dem Lot: Beliebte Produkte, die bekanntermaßen eine geringe Rendite abwerfen, weil sie hohe Sicherheit versprechen, sind nun so wenig rentabel, dass sie den Vermögenserhalt bedrohen. Von Sicherheit also keine Spur mehr! Höher rentierliche Anlagen sind aufgrund der Risikostruktur häufig nicht erwünscht – oder nicht in beliebiger Menge erlaubt. Denn der Anlagenotstand betrifft nicht nur die Kunden, sondern Banken, Sparkassen sowie andere institutionelle Anleger und deren Eigengeschäft gleichermaßen.

Neue Produkte auf dem Prüfstand

Not macht ja bekanntlich erfinderisch, aber ist jedes aus der Not geborene neue Produkt auch gut für den Kunden und das vertreibende Haus? Gut bedeutet in diesem Fall: Passt es hinsichtlich seiner Risikostruktur zum Gesamtportfolio? Diese Frage ist nicht ganz neu, spielte aber nicht zu allen Zeiten die wichtigste Rolle. Insbesondere bei komplexeren Produkten des Financial Engineerings ist sie in keinem Fall auf den ersten Augenschein hin zu beantworten.

Deshalb müssen neue Produkte, und im Übrigen auch neue Vertriebswege, den Neu-Produkt-Prozess (NPP) durchlaufen. Die Bankenaufsicht verlangt dazu ebenso lapidar wie nachvollziehbar: Produkte, die von einer Bank vertrieben werden, müssen von den handelnden Personen auch verstanden worden sein.

Doch je komplexer die Produkte, desto aufwändiger wird der NPP und das darauf aufbauende Konzept für das Management der Risiken. Und so werden widerstreitende Kräfte bei der Einführung eines neuen Produktes aufeinandertreffen: Schnelle Einführung bei geringer Ressourcenbindung vs. verantwortungsbewusste Prüfung aller wichtigen, risikorelevanten Aspekte. Könnten die Anforderungen eines NPP vielleicht dazu verleiten, Fehler und Risiken vermeiden zu wollen und sich deshalb mit Vertriebs- und Beratungstätigkeiten in Bereiche zurückzuziehen, für die die Banken und Sparkassen erwiesenermaßen Kompetenzen und Erfahrungen nachweisen können?

Zwickmühle als Herausforderung meistern

Diese Herangehensweise kann durchaus sinnvoll sein und muss Kunden und Depot-A-Managern keineswegs interessante Angebote mit einer auskömmlichen Rendite-Risiko-Struktur vorenthalten. Denn je nach Zusammenstellung und Dokumentation können auch altbekannte Strukturen wie Verbriefungen diese Bedürfnisse bedienen.

Verbriefungen bündeln die Rechte aus Vermögenswerten wie etwa Darlehen oder anderen Wertpapieren. Als mit diesen Rechten besichertes Wertpapier punkten sie mit einem festen oder variablen Zins, der den Zahlungsströmen der zugrundeliegenden Verträge entspringt. Durch die Bündelung einer Vielzahl von Underlyings wird für eine Risikostreuung gesorgt.

Verbriefungen sind gerade deshalb für die Kapitalanlage interessant, weil sie Bilanz und Eigenkapital entlasten und damit wichtige Ressourcen für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Institute schonen.

Einfache Struktur, einfacher NPP

Was bedeutet das jetzt für die Integration von Verbriefungen als neue Produkte? Zum einen: Die Vorgaben besagen, dass Produkte nicht dem NPP unterworfen werden, wenn die Verantwortlichen zu der Einschätzung kommen, dass die Produkte von den Mitarbeitern „sachgerecht gehandhabt“ werden können (Richtline AT 8.1 Punkt 6). Deshalb gilt: Je einfacher, desto besser.

  • Einfach im Sinne von transparent: Die Zahlungsströme der zugrundeliegenden Assets sollten eins zu eins abgebildet werden und sich leicht bewerten lassen können.
  • Einfach im Sinne von leicht zu bewerten: Transparente Strukturen lassen sich einfach bewerten (und von unabhängigen Agenturen raten) und in das Risikomanagement institutioneller Investoren integrieren.
  • Einfach im Sinne von individuell aufbereitet: Für professionelle oder institutionelle Investoren lassen sich Produkte optimal auf die gewünschte Risikoklasse zuschneiden.

Solche verbrieften Wertpapiere können allen Beteiligten einen Gewinn bieten: Die Banken und Sparkassen erhalten ein gut in ihre Risikostruktur zu integrierendes Produkt, das den strengen Auflagen für die Kapitalanlage für Kunden und Depot A gerecht wird. Gleichzeitig stellen sie eine Anlagealternative im Niedrigzinsumfeld dar, wenn in andere renditeorientierte Asset-Klassen bereits bis zur gewünschten oder aufsichtsrechtlich definierten Obergrenze investiert wurde. Ohne direkt investiert zu sein und die Obergrenzen zu verletzen, profitieren Investoren und Depot-A-Manager dennoch mittelbar von den höheren Erträgen dieser Asset-Klassen bei erheblichem Diversifikationspotenzial.

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