04 | 2019 Markt

Seltene Einigkeit in Ost und West

Die EZB wird frühestens im nächsten Jahr die Leitzinsen erhöhen. Auf ihrer jüngsten Sitzung betonte der EZB-Rat, die Schlüsselzinsen nicht vor Ende Dezember antasten zu wollen. Der Leitzins bleibt damit auf dem seit März 2016 gültigen Rekordtief von 0,0 %. Mario Draghi hat gute Chancen, der bislang erste EZB-Präsident zu werden, in dessen Amtszeit keine Zinserhöhung stattfand. Seit acht Jahren steht er der europäischen Notenbank vor, im Oktober endet seine Amtszeit.

Die eingetrübten Konjunkturaussichten für den Euroraum und die zuletzt wieder leicht rückläufige Inflationsrate lassen den Währungshütern kaum eine Wahl. Draghi deutete sogar an, dass die Zinswende bei einer stärkeren Abschwächung notfalls noch weiter hinausgeschoben werden könnte.

Während die geldpolitische Ausrichtung in Europa und den USA 2018 eher auseinanderdriftete, nähert sie sich nun wieder an. Die USA korrigieren ihren zuletzt offensiveren Kurs und legen die Zinswende vorerst auf Eis:

Die US-Notenbank unter Jerome Powell lässt den Leitzins nicht nur unverändert, sondern stellte zuletzt keine Erhöhungen für dieses Jahr mehr in Aussicht. Die Leitzinsspanne bleibt damit bei 2,25 bis 2,5 %. Wie im Euroraum soll erst 2020 eine Erhöhung folgen. Im vergangenen Dezember wurden zunächst noch zwei weitere Anhebungen des Leitzinses für 2019 avisiert, in der Zwischenzeit jedoch aufgrund der schlechteren Prognosen für die Weltwirtschaft und auch für die US-Wirtschaft kassiert. Es waren sogar Spekulationen über eine Zinssenkung zu hören. US-Präsident Donald Trump hält dies ohnehin für richtig. Er machte die Zinserhöhungen indirekt für das gebremste Wirtschaftswachstum verantwortlich.

Fakt ist der Beschluss der Fed, ihre durch Krisenmaßnahmen aufgeblähte Bilanz bis zum September wieder auf ein normales Niveau zu entlasten, sofern Wirtschaft und Finanzmärkte sich wie erwartet entwickelten und dies zuließen. Die Bilanzsumme der Notenbank liegt gegenwärtig etwa beim Vierfachen des Wertes vor der großen Finanzkrise 2008. Unter anderem durch die Aufkäufe von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren, war das Portfolio der Fed auf zwischenzeitlich rund 4,5 Bio. US-Dollar angewachsen.

Auch in Russland könnten die Zinsen zurückgedreht werden. Nach einem Bericht der russischen Tageszeitung Kommersant vom 23. März 2019, zieht die russische Zentralbank eine Senkung des Leitzinses noch im Jahr 2019 in Betracht, nachdem sie ihn zuletzt mit 7,75 % pro Jahr unangetastet ließ. 2018 wurde der Leitzins zweimal angehoben. Es gebe jetzt jedoch mehr Voraussetzungen für eine Zinssenkung als für eine Erhöhung, meinte Zentralbankchefin Elvira Nabiullina am Rande des Frühjahrstreffens von IWF und Weltbank in Washington. „Wenn sich die Situation gemäß unserer Basisprognose entwickelt, bewegt sich der Leitzins eher nach unten als nach oben. Ich wiederhole, dass wir bereits in diesem Jahr die Möglichkeit einer Abschwächung sehen. Wann, können wir nicht genau sagen“, zitiert die Russische Agentur für internationale Informationen RIA Novosti.

Ausblick

Weder in Ost noch West kündigen sich steigende Zinsen an. Konjunkturelle Sorgen halten hier wie dort die Protagonisten in Schach.

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