08 | 2019 Markt

Rolle rückwärts

Erstmals seit gut zehn Jahren und nach vier im vergangenen Jahr erfolgten Zinserhöhungen hat die Fed die Leitzinsen nun wieder gesenkt – um 0,25 Prozentpunkte. Nach den Vorstellungen von US-Präsident Donald Trump hätte es jedoch mehr sein dürfen und auch einige Marktexperten hatten mehr erwartet.

Die erste Zinssenkung seit Dezember 2008 auf die neue Spanne von 2,0 bis 2,25 % soll der schwächelnden US-Konjunktur neue Impulse verleihen. Die abgekühlte Weltwirtschaft sowie latente Handelskonflikte hatten die US-Wirtschaft zuletzt weiter ausgebremst. Dass Jerome Powell mit der Entscheidung, die Zinsen doch wieder zu senken, zögerte, mag an dem öffentlich erzeugten Druck des US-Präsidenten liegen. Powell wollte sich nicht als Marionette des Präsidenten suggerieren, hatte letztlich angesichts der Konjunkturdaten jedoch kaum eine andere Wahl. Und so dürfte es wohl auch nicht der letzte Zinsschritt gewesen sein.

Immer mehr Analysten und Investoren rechnen mit der nächsten Zinssenkung der amerikanischen Notenbank bereits im September. So auch prominente Adressen wie Goldman Sachs oder Morgan Stanley. Damit würde sich das Tempo der zurückgedrehten Zinswende noch einmal erhöhen: Bislang war man von einem Schritt im Oktober ausgegangen und hatte anschließend mit einem längeren Stillhalten der Notenbanker gerechnet.

Viel mehr als Stillhalten bleibt der EZB derzeit kaum übrig. Die Instrumente sind weitgehend ausgeschöpft, der amtierende Präsident eilt dem Ende seiner Amtszeit entgegen und seine designierte Nachfolgerin ist noch nicht im Fahrersitz.

Es ist zu befürchten, dass sich die EZB dem weltweiten Zinstrend nicht wird entziehen können. Seit dem April dieses Jahres haben ganze 18 (!) Notenbanken die Leitzinsen gesenkt. Der Welthandel steht am Ende eines Zyklus, der seit der Finanzkrise zu großen Teilen durch die zunehmende Verschuldung von Staaten, Unternehmen und Bürgern befeuert wurde. Zu seinem Ende könnte nun ein wahrer Zinswettlauf einsetzen. Vielen Zentralbanken bleiben dann nur noch Negativzinsen. Nach Angaben des Finanznachrichtendienstes Bloomberg weisen bereits mehr als ein Viertel aller umlaufenden Staatstitel negative Zinsen aus. Wir sprechen dabei von einem globalen Anleihevolumen von 14,5 Bio. Dollar. Rund ein Drittel der Wirtschaftsräume mit nennenswertem Einfluss auf das Weltbruttosozialprodukt haben kaum noch Spielraum nach unten, allen voran die EU und Japan.

Ausblick

Klar wird: Auf längere Sicht wird es schwer werden, als Sparer oder Investor von Rentenpapieren nennenswerte Renditen zu erzielen. Die wird es nur in cleveren Alternativen geben.

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