03 | 2019 Markt

Kommando zurück!

Nachdem sich Ende des vergangenen Jahres noch die Zinswende am Horizont erahnen ließ, werden Sparer nun doch noch länger auf diese warten müssen. Die EZB beließ im März nicht nur den Leitzins im Euroraum bei null Prozent, sondern erklärte auch, ihn in diesem Jahr nicht mehr anheben zu wollen. Stattdessen sollen Banken erneut längerfristige Kredite zu günstigen Konditionen (TLTRO) erhalten. Diese neuerlichen Geldspritzen sollen ab September 2019 bis März 2021 für jeweils zwei Jahre zur Verfügung gestellt werden. Die Hoffnung ist, mit diesem günstigen Geld die Banken zu einer expansiveren Kreditvergabe zu motivieren und damit positive Impulse für Konjunktur und Inflation zu setzen. Finanzinstitute, die bei der EZB Geld hinterlegen, müssen weiterhin 0,4 % Strafzinsen zahlen.

Damit reagieren Europas Währungshüter überraschend heftig auf das gestiegene Konjunkturrisiko. EZB-Präsident Mario Draghi sprach von einer Phase „anhaltender Schwäche und allgegenwärtiger Unsicherheit“ insbesondere aufgrund externer Belastungsfaktoren. So bremsten etwa die internationalen Handelskonflikte und das schwächelnde Wirtschaftswachstum in China den Welthandel und der ungewisse Verlauf des Brexit sorge für Verunsicherung.

Entsprechend korrigierte die EZB ihre Konjunkturprognose für 2019 deutlich: Die Ökonomen der Notenbank erwarten für die Eurozone nur noch ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes um 1,1 %. Zuvor war man noch von einem Zuwachs von 1,7 % ausgegangen. Für 2020 lautet die Prognose für das Wirtschaftswachstum im Euroraum nur noch 1,6 anstatt 1,7 %. Draghi betonte allerdings, die Wirtschaft wachse weiter und die Rezessionsgefahr wäre sehr gering.

Auch die Inflationserwartung wurde gesenkt. Die EZB-Ökonomen erwarten nun für 2019 eine Teuerungsrate von 1,2 % und für 2020 von 1,5 %. Im Dezember lauteten die Prognosen noch 1,6 und 1,7 %. Damit entfernt sich die Eurozone wieder mehr von dem angestrebten Inflationsziel von nahe 2,0 %.

Nach diesen Verlautbarungen rechnet manch Marktbeobachter nicht vor 2021 mit dem tatsächlichen Eintritt der Zinswende.

Die US-Notenbank Fed war da schon etliche Zinsschritte weiter, doch auch deren Chef Jerome Powell bekräftigte zuletzt seine abwartende Haltung in der Geldpolitik und verzichtete auf weitere Erhöhungen. Experten rechnen allerdings damit, dass die Möglichkeit eines Zinsschrittes im Juni auf der März-Sitzung der Fed zumindest nicht ausgeschlossen wird. Die US-Notenbanker hatten nach vier Zinsschritten im vorigen Jahr zwei weitere für 2019 in Aussicht gestellt. Ob es tatsächlich zu einer Erhöhung über das derzeitige Niveau von 2,25 bis 2,5 % hinaus kommt, dürfte entscheidend davon anhängen, ob die Handelskonflikte und der Brexit bis dahin gelöst wurden und wie sich die Inflationsrate weiterhin entwickelt.

Diese lag in den USA zuletzt bei 1,9 % und damit leicht unter dem Zwei-Prozent-Ziel der Fed. Das zweite Ziel der Vollbeschäftigung hat die Fed nahezu erreicht. Entsprechend bezeichnete Powell das aktuelle Zinsniveau als „angemessen“ und „ungefähr neutral“. Mit Sorge betrachte er die Auswirkungen der Konjunkturabkühlung in China und Europa auf die USA. Er erwarte aber keine sehr negativen Auswirkungen. Das US-Finanzsystem sei inzwischen erheblich robuster als vor zehn Jahren. Auch betonte er, die aktuelle „geduldige“ Geldpolitik der Fed habe nichts mit den kritischen Äußerungen des US-Präsidenten zu tun.

Ausblick

Steigende Zinsen sind in der Euro-Zone wieder in weite Ferne gerückt. Zu groß sind die Konjunktursorgen. Investoren müssen sich daher auf eine anhaltende Hängepartie bei festverzinslichen Anlagen einstellen.

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