01 | 2020 Markt

In der Warteschleife

Kurz vor dem nun unmittelbar bevorstehenden Ausstieg der Briten aus der EU hat sich die Bank of England erwartungsgemäß nicht mehr auf eine Zinssenkung eingelassen und beließ den Leitzins bei 0,75 %. Auch wenn sich im Entscheidungsgremium zwei von neun Stimmen für eine Senkung aussprachen.

Begründet wurde die Entscheidung mit der stärkeren Konjunktur seit den Wahlen im Dezember, die der konservative Premier und Brexit-Befürworter Boris Johnson für sich entscheiden konnte. Die Notenbank behielt sich allerdings eine Lockerung im laufenden Jahr offen: Sollte die Erholung der Wirtschaft weniger robust ausfallen, könne ein Impuls durch die Geldpolitik wichtig sein. Risiken für die heimische Wirtschaft sehen die Währungshüter vor allem durch den nach wie vor ungeregelten Brexit.

Bis dahin wird es, wie kürzlich bei der EZB, auch einen Wechsel an der Spitze der Notenbank geben: Der scheidende Notenbank-Chef Mark Carney gibt sein Amt Mitte März an den früheren Vize-Chef Andrew Bailey ab.

Erwartungsgemäß hat auch die Fed den Leitzins nicht verändert. Die Fed Funds Rate bleibt damit in einer Bandbreite zwischen 1,5 und 1,75 %, erklärte die Bank im Januar. Nach drei Zinssenkungen im vergangenen Jahr schwenken die Notenbanker um Fed-Chef Jerome Powell wie angekündigt in den Wartemodus. Powell avisierte, dass die Fed auf Sicht fahre, solange die Konjunktur stabil laufe und die Inflation im Rahmen bliebe.

Allerdings justierte die Fed beim Schlüsselsatz für die bei ihr deponierten Überschussreserven der Banken von 1,55 auf 1,60 % nach, um den am Interbankenmarkt fälligen Geldpreis in die Mitte der angepeilten Leitzinsspanne zu führen. Zuletzt lag dieser eher am unteren Rand der Spanne.

Auch der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) entschied wie erwartet und beließ den Zinssatz auf seinem Tiefststand. Zinsbewegungen sind in diesem Jahr wohl auch weiterhin eher nicht zu erwarten, da die EZB bis Dezember ihre Strategie eingehend überprüfen und die Folgen der Zinspolitik der letzten Jahre untersuchen will.

„Wir können nicht so operieren wie 2003 – was nicht heißt, dass wir dies oder jenes ändern müssen. Aber wir müssen uns umfassend mit der Wirksamkeit unserer Geldpolitik befassen“, kündigte Lagarde nach der Sitzung des EZB-Rates in Frankfurt an, und betonte, man werde „jeden Stein umdrehen“.

Nach jüngsten Angaben des Statistikamtes Eurostat lagen die Verbraucherpreise im Euroraum im Dezember 1,3 % über dem Stand des Vorjahresmonats. Die Inflationsrate bewegt sich seit Jahren teils deutlich unter dem EZB-Zielwert von knapp 2,0 %. Seit Lagardes Antritt im November wurde bereits diskutiert, ob es für die Handlungsfähigkeit der Notenbank nicht sinnvoller wäre, einen Korridor als Inflationsziel festzulegen. Die Hinterfragung des eigenen Handelns ist sicher zu begrüßen, der avisierte Zeithorizont macht jedoch auch deutlich, dass sich auch die EZB damit bis auf weiteres in der Warteschleife befindet.

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