12 | 2019 Editorial

Frieden zum Fest?

ink drop – stock.adobe.com

Bezogen auf die Handelskriege des US-Präsidenten wohl eher nicht. Dass seine Aussage „Handelskriege sind leicht zu gewinnen“ mehr dem Wunsch als der Wirklichkeit entsprach, sollte auch US-Präsident Donald Trump mittlerweile verstanden haben. Ein Blick auf die historischen Versuche hätte es ihm schon zuvor zeigen können. Doch Trump ist stolz auf seine Handelskriege. Er weiß, dass er damit bei seinen Anhängern punktet – und nichts zählt für ihn mehr als der Wahlsieg im kommenden Jahr. Dass die Weltwirtschaft leidet und auch die langfristigen Folgen für die US-Wirtschaft keineswegs so positiv ausfallen dürften, wie er es propagiert, kümmert ihn wenig. Sein Kurs bleibt auch ein Jahr vor der US-Wahl unberechenbar und riskant.

Bislang beugt sich keiner der auserkorenen Handelsgegner seinen Forderungen – trotz der Übermacht der US-Wirtschaft. China verweigerte bisher das gewünschte umfassende Handelsabkommen, obwohl es einen hohen Preis dafür zahlt. Und Trump pokert: Er sehe keine Eile beziehungsweise keine Frist, bis zu der der erste Teil des Handelsabkommens mit China geschlossen werden müsse. China brauche zudem ein Abkommen mehr als die USA. Mehr zur Konjunktur im Reich der Mitte in unserem aktuellen Fokus-Thema in diesem Monat.

Derweil erhöht Trump den Druck durch die sukzessive Ausweitung der Zölle und die Hinzunahme auch anderer Eskalationsmittel. So stattete er die neu geschaffene US-Behörde United States International Development Finance Corporation mit 60 Mrd. USD aus, damit diese Entwicklungsländern Alternativen zum Kauf chinesischer Telekommunikationstechnologie aufzeige. Insbesondere der chinesische Technologiekonzern Huawei steht auf der Liste zu verdrängender Anbieter ganz oben.

Aber die Angriffe mit Zöllen und Einfuhrbeschränkungen richten sich nicht nur gegen China. Auch in europäischen und südamerikanischen Ländern macht sich Trump keine Freunde. Als etwa Frankreich jüngst eine eigene Besteuerung von bestimmten Umsätzen im Internet angekündigt hatte, nahm die US-Regierung dies persönlich und sah die Interessen US-amerikanischer Unternehmen angegriffen. So machen vor allem große Online-Händler – meist mit Sitz in den USA – auch in Frankreich enorme Gewinne, zahlen dort aber nur marginale Steuern. Das soll die neue Abgabe nun ändern.

Die US-Regierung sieht das als gezielte Diskriminierung ihrer Unternehmen und droht umgehend damit, typisch französische Produkte wie Roquefort-Käse, Champagner, Kosmetika und andere mit Strafzöllen von bis zu 100 % zu belegen. Importe im Wert von rund 2,2 Mrd. Euro wären betroffen. Trumps französischer Amtskollege Macron sieht sich als unbeugsamer Gallier, der bezogen auf den Handelsstreit die Unterstützung der anderen EU-Länder erhält, und so könnte hier eine weitere Spirale in Gang kommen, die der zwischen den USA und China ähnelt.

Beil all dem Säbelrasseln sollten wir jedoch eines nicht vergessen: Unabhängig von dem psychologischen Auf- und Ab der Börsen führt angesichts der zunehmend negativen Verzinsung von Einlagen, geringer oder gar negativer Renditen von Anleihen und überkaufter Immobilienmärkte kein Weg an aktienbasierten Kapitalanlagen vorbei. Langfristig schafft vor allem die Produktivität von Unternehmen echten Wert – kurzfristige Schwankungen aufgrund wirtschaftspolitischer Eskapaden spielen hier dagegen kaum eine Rolle.

Insofern: Genießen Sie eine schöne Adventszeit und ein friedliches Weihnachtsfest mit Ihren Liebsten! Stoßen Sie mit Champagner auf das neue Jahr an und bleiben Sie zuversichtlich. Wir freuen uns auf ein aufregendes Jahr 2020.

NEWSLETTER-ABO

Die wichtigsten Neuigkeiten aus der Finanzbranche fassen wir Ihnen regelmäßig in einem persönlichen Newsletter zusammen.

Newsletter abonnieren

DIALOG

Als Mitglied der PATIO Lounge teilen Sie Ihr Wissen und Ihre Sicht auf die Finanzwelt mit anderen. Wir freuen uns auf den Dialog.

Artikel einsenden

EMPFEHLEN SIE UNS

Ihnen gefällt die PATIO Lounge?
Dann empfehlen Sie uns weiter.