Die Europäische Zentralbank (EZB) hält noch an ihrer Nullzinspolitik fest. Sie beließ den Leitzins der Eurozone im April unverändert beim Tiefstwert von 0,0 %, auf den sie ihn vor einem Jahr gesenkt hatte. Der Strafzins für Bankeneinlagen bei der Zentralbank liegt nach wie vor bei 0,4 % p. a.
Doch die Zinswende scheint näher zu rücken: Angesichts steigender Verbraucherpreise und positiver Konjunkturerwartung bereitet die EZB nach Recherchen des Magazins „Spiegel“ die geldpolitische Wende vor. Ab Juli sollen demnach Öffentlichkeit und Kapitalmarkt auf den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik vorbereitet werden. Man geht davon aus, dass dann die Botschaft verbreitet werde, dass es für die wirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone kaum noch Abwärtsrisiken gebe und sich die Inflationsrate deshalb dem EZB-Ziel von knapp unter 2,0 % annähern werde.
Ab Herbst, so der „Spiegel“, werde die EZB die Pläne zum Ausstieg aus dem Anleihekaufprogramm vorstellen. Derzeit kauft sie jeden Monat Anleihen im Wert von 60 Mrd. Euro. Offiziell ist diese Maßnahme bis Ende 2017 geplant, doch bereits jetzt steht fest, dass das Programm Anfang 2018 nicht abrupt stoppen wird. Vielmehr soll das Volumen schrittweise, in Stufen von 10 oder 20 Mrd. Euro, reduziert werden.
Zuletzt erhöhte die EZB allerdings das Tempo ihrer Anleihekäufe wieder ein wenig: EZB und nationale Notenbanken kauften in der Woche ab dem 08. Mai Staatsanleihen und andere öffentliche Schuldpapiere im Wert von 12,03 Mrd. Euro. In der Woche zuvor waren es lediglich rund 10,8 Mrd. Euro. Insgesamt beläuft sich das Volumen in den Büchern der EZB und der Notenbanken auf ca. 1,53 Bio. Euro.
Den Leitzins will die EZB nach Angaben des „Spiegel“ erst Ende 2018 und nur bei Bedarf wieder anheben. Die US-Notenbank Fed ist da deutlich weiter: Anleger erwarten bereits eine weitere Zinserhöhung im Juni. Bis zum Jahresende dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit dann ein weiterer Zinsschritt folgen.
AUSBLICK
Doch etwas überraschend und wohl nicht ganz zufällig erst nach dem Wahlergebnis in Frankreich deutet die EZB die bevorstehende Abkehr von der ultraexpansiven Geldpolitik an.