Die führenden Institute der deutschen Wirtschaftsforscher raten in einem gemeinsam vorgelegten Wirtschaftsgutachten der Europäischen Zentralbank (EZB), noch in diesem Jahr die geldpolitische Wende einzuleiten. Die Bundesregierung äußerte sich vorsichtiger, denn die öffentlichen Haushalte werden durch die niedrigen Zinsen entlastet. Nach Meinung der Wirtschaftsforscher sollten die Finanzmärkte kommunikativ auf die Zinswende vorbereitet werden. So könnten die langfristigen Zinsen allmählich nach oben korrigiert werden, was die derzeit äußerst niedrigen Margen im Finanzsektor verbessern solle. Offenbar wurden die Forscher gehört, denn EZB-Direktor Benoit Coeure forderte jüngst Regierungen und andere Wirtschaftsakteure auf, sich auf ein Ende der Niedrigstzinsphase einzustellen. „Es ist offensichtlich, dass der Finanzsektor und andere Wirtschaftsakteure, vor allem Regierungen, sich vorbereiten müssen“, sagte Coeure in Paris.
Die EZB hält ihre Leitzinsen auf dem Rekordtief von null Prozent. Eine kurzfristige Zinserhöhung ist nicht zu erwarten, doch die umstrittenen Staatsanleihenkäufe hat die Notenbank bereits heruntergefahren. Nach Angaben der EZB hat sie gemeinsam mit den nationalen Notenbanken in der Woche bis zum 24. März öffentliche Schuldenpapiere im Volumen von 14,43 Mrd. Euro in ihre Bücher genommen. In der Vorwoche waren es noch 16,01 Mrd. Euro. Seit dem März 2015 haben die europäischen Notenbanken Staatsanleihen und andere öffentliche Schuldentitel im Umfang von 1.449 Mrd. Euro erworben. Das Programm soll bis mindestens Ende 2017 laufen.
Die US-Notenbank Fed hatte dagegen im März erwartungsgemäß den Leitzins um 0,25 %-Punkte erhöht. Nach Einschätzung der Vorsitzenden der Federal Reserve ginge es der US-Wirtschaft schlichtweg gut. Das stabile und moderate Wachstum hält an, so dass mehr Arbeitnehmer im Markt integriert werden, jedoch bislang ohne einen übermäßigen Inflationsdruck zu verursachen. Die noch immer historisch niedrigen Zinssätze sollen nur allmählich erhöht werden. Tatsächlich handelt es sich bislang um den langsamsten Zinserhöhungszyklus der US-Geschichte – mit nur drei kleinen Schritten von je 0,25 % innerhalb von sechs Quartalen.
AUSBLICK
Die Zinswende in Europa rückt näher, ist aber noch lange nicht in Sicht.