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Das neue Jahr 2018 beginnen viele Menschen mit guten Vorsätzen. Auch Frau Merkel und Herr Schulz haben sich mit Sicherheit etwas vorgenommen: Beispielsweise Deutschland endlich zu einer Regierungskoalition zu verhelfen. Etliche Genossen scheinen allerdings den Vorsatz gefasst zu haben, dass es gerade nicht dazu kommen soll, jedenfalls nicht mit SPD-Beteiligung.
Die befragten SPD-Mitglieder schwanken zwischen (zögerlichem) Bekenntnis auf der einen Seite und offener Ablehnung auf der anderen Seite beziehungsweise dem Wunsch, die im Sondierungspapier vereinbarten Positionen lediglich als Basis für weitere Diskussionen zu werten. Basta heißt es hingegen seitens der CDU/CSU: An den Kompromissen werde auch in möglichen Koalitionsgesprächen nicht mehr gerüttelt.
Und was wurde nun vereinbart? Beobachter sind sich einig: Das Papier setzt einen so noch nicht da gewesenen Schwerpunkt: Europe first. Fast vier Monate nach Präsident Emmanuel Macrons programmatischer Rede zur Erneuerung der Europäischen Union hat er eine Antwort aus Berlin erhalten. In dem Abschlusspapier der Sondierungsgespräche steht Europa unter dem Titel „Ein neuer Aufbruch für Europa“ an erster Stelle.
Deutlich bekennen sich die Koalitionäre in spe zu „höheren Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt“. Hier geht es um mehrere Milliarden Euro zusätzlich im Jahr, um „die EU finanziell [zu] stärken, damit sie ihre Aufgaben besser wahrnehmen kann“.
In dem 28 Seiten starken Sondierungspapier werden klare Vorstellungen zu konkreten europapolitischen Aufgaben formuliert: Dem Wunsch Macrons nach einem eigenen Budget für die Eurozone will die zukünftige deutsche Regierung gleichwohl nicht nachkommen. Jedoch schlägt Berlin die Etablierung eines eigenen europäischen Währungsfonds vor, um künftige Krisen allein – und besser – ohne den Internationalen Währungsfonds lösen zu können. Ein neuer Élysée-Vertrag müsse her, für eine nachhaltige Stärkung und Reform der Eurozone. So viel Europa – ein Punkt für den Ex-Präsidenten des Europäischen Parlaments Martin Schulz?
Auch die weiteren drängenden Probleme in Deutschland – Finanzen (Abschaffung des Solis), Einwanderung, Bildung, Fachkräftemangel, Digitalisierung, Klima – haben die Sondierungspartner in den Blick genommen. Die SPD hat allerdings nicht alle Wahlkampfthemen (Bürgerversicherung, Anhebung des Spitzensteuersatzes) durchsetzen können, was ihr nun von Teilen der eigenen Gefolgschaft angekreidet wird. Die JuSos waren vor den Sondierungsgesprächen gegen eine GroKo und sind es weiterhin. Das Sondierungspapier gilt es jetzt gleichwohl den skeptischen Genossen zu verkaufen, wenn am 21. Januar ein Sonderparteitag der SPD darüber entscheiden soll, ob Koalitionsgespräche mit der CDU/CSU aufgenommen werden.
Die Zukunft der deutschen Regierung steht also immer noch in den Sternen. Beim Investmentriesen BlackRock zuckt man mit den Schultern: „Ein Deutschland ohne Regierung ist aus Sicht der Märkte verkraftbar“, sagt Martin Lück, Leiter der Kapitalmarktstrategie in einem Interview. Die Märkte seien da sehr pragmatisch.
Anders gesagt: Deutschland ist keine Bananenrepublik. Auf eine etablierte Verwaltung und eine kommissarische Regierung können sich Unternehmen und Anleger verlassen. Was die Analysten von BlackRock und anderen Marktteilnehmern für das Jahr 2018 an den Finanzmärkten erwarten, lesen Sie in der Rubrik „Fokus“ in diesem Monat.
In diesem Sinne: Gute Vorsätze brauchen kleine, aber entschlossene Schritte, wenn sie Erfolg haben sollen.