08 | 2017 Markt

Sommerpause

Nach der Europäischen Zentralbank (EZB) und ihrem US-Pendant Federal Reserve (Fed) hat auch die Bank of England (BoE) ihren Leitzins unverändert gelassen und ihre nach dem Brexit-Votum noch weiter gelockerte Geldpolitik unverändert fortgesetzt. Der Leitzins bleibt mit 0,25 % weiterhin auf dem historischen Tiefststand. Das Volumen der Wertpapierkäufe zur Stützung der Konjunktur ließ die BoE erwartungsgemäß ebenfalls unangetastet bei 435 Milliarden Pfund. Die britischen Notenbanker erwarteten zuletzt wegen der Brexit-Risiken eine pessimistischere Entwicklung der britischen Wirtschaft und senkten die Wachstumsprognose für dieses Jahr von 1,9 auf 1,7 % und für das kommende Jahr von 1,7 auf 1,6 %. Die Schwäche des britischen Pfunds, welche Importe nach Großbritannien verteuert und damit die Inflation steigen lässt, wird als Hauptfaktor für das gebremste Wachstum ausgemacht. Hinzu komme die zu langsame Lohnentwicklung und damit einhergehende Kaufkraftschwäche der Verbraucher, die den Konsum hemmt. Angesichts der hohen Inflation von zuletzt 2,6 % müsste die BoE die lockere Geldpolitik eigentlich zurückfahren; das schwache Wachstum lässt dies jedoch nicht zu. Dennoch bekräftigte Notenbankchef Mark Carney in London die Absicht, die Zinsen in den nächsten drei Jahren anzuheben. Marktexperten gehen derzeit von einer Anhebung um 0,25 Prozentpunkte im dritten Quartal 2018 und einer weiteren im dritten Quartal 2020 aus.

Anders sieht es im Osten Europas aus. Als erste Notenbank in Europa hat die tschechische Nationalbank die Sommerpause beendet und begonnen, ihre Geldpolitik zu straffen. Um aus dem Krisenmodus langsam zur Normalität zurückzukehren, hob sie den Leitzins vom bisherigen Rekordtief von 0,05 % auf 0,25 % an. Im Gegensatz zu Großbritannien läuft die tschechische Wirtschaft, die Löhne steigen und die Inflation hat längst die 2 %-Marke hinter sich gelassen. Handlungsbedarf sahen die tschechischen Währungshüter vor allem aufgrund der stark gestiegenen Immobilienpreise, die zur Sorge vor einer Immobilienblase führten.

Welche Wirkung die Geldpolitik auf die Immobilienmärkte haben kann, zeigte der Großraum Toronto, nachdem die Bank of Canada den Leitzins Mitte Juli auf 0,75 % anhob. Die fünf größten Banken des Landes reagierten auf diese erste Zinserhöhung nach sieben Jahren, indem sie den Zins für variable Darlehen von 2,7 auf 2,95 % anhoben. Daraufhin brach die Zahl der Verkäufe von Wohnimmobilien im Juli um 40 % im Vergleich zum Vorjahresmonat ein.

Auf einem ganz anderen Kurs befindet sich die Geldpolitik in Indien. Die indische Notenbank kündigte an, den Leitzins von 6,25 auf 6,00 % und damit den niedrigsten Wert seit sieben Jahren zu senken. Als Grund nannten die indischen Notenbanker die aus ihrer Sicht geringe Inflation von zuletzt 1,5 %. Man wolle „dringend“ die privaten Investitionen beleben, wird die offizielle Begründung zitiert. Zuletzt hatten weder Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst noch die mit der jüngsten Steuerreform erheblich vereinfachten Steuerregelungen eine nennenswerte Wirkung erzielt. Darüber hinaus belastete die radikale Bargeldreform zu Beginn des Jahres die indische Wirtschaft erheblich. Die aktuelle Aufwertung der Rupie dürfte insbesondere der US-Dollar-Schwäche geschuldet sein.

Ausblick

Im Euroraum und den USA sind die Währungshüter in der Sommerpause. Frühestens im September wird es Bewegung in die eine oder andere Richtung geben. Weltweit entwickelt sich die Geldpolitik der wichtigsten Volkswirtschaften weiter uneinheitlich.

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