03 | 2019 Fokus

Wovon träumen digitale Fondsmanager?

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C3PO aus Star Wars, niedliche Kulleraugen-Roboter oder futuristisch gezeichnete Androiden – wann immer über Künstliche Intelligenz (KI) geschrieben wird, greifen die Redakteure meist zu Bildern von humanoiden Robotern. Braucht Intelligenz für uns ein Gesicht?

Künstliche Intelligenz ist längst Teil unseres Alltags. Und in den allerseltensten Fällen hat sie ein menschenähnliches Gesicht. Denn KI ist ein Computerprogramm. Ein Algorithmus, der uns in Onlineshops passende Angebote macht oder als Chatbot unsere Fragen beantwortet. Wir nehmen diese technischen Entwicklungen ebenso wenig wie den selbstlenkenden Rasenmäher oder Saugroboter zu Hause als ein denkendes Gegenüber wahr – nicht mal der eigene Nachwuchs, wenn er Siri fragt, wie er Alexa findet („Ich habe nichts gegen hilfreiche Assistenten“).

Und doch sind dies Beispiele für Künstliche Intelligenzen in unserem unmittelbaren Umfeld: Sie funktionieren dank automatisch handelnder und lernender Prozessoren. In Anlehnung an die Funktionsweise des menschlichen Gehirns – des besten Problemlösers, den wir nun einmal kennen – wurden künstliche neuronale Netze entwickelt, die Wahrnehmungen verarbeiten, Objekte und Sprache erkennen sowie durch Versuch und Irrtum lernen. Bislang sind diese Künstlichen Intelligenzen auf bestimmte spezifische Aufgabengebiete reduziert.

Neue Informationen durch Vernetzung

KI ist dabei, für alle Lebensbereiche (und Investmentsektoren) relevant zu werden. Mit ihr lassen sich Bereiche miteinander vernetzen und optimieren, wie es sich bislang allenfalls Spezialisten erträumt haben. Künstliche Intelligenz wird die Welt verändern, wie seinerzeit die Erfindung der Dampfmaschine und des Computers, was hier in Deutschland allerdings eher als Bedrohung denn als Chance wahrgenommen wird.

KI als Herausforderung …

Gut möglich, dass dies auch einer der Gründe ist, warum Unternehmen hierzulande seltener eine unternehmensweit ausgerichtete, strategische Planung für den Einsatz von KI haben. Bislang geht erst ein Viertel aller Unternehmen das Thema Künstliche Intelligenz umfassend strategisch an, ergab eine Studie von der Unternehmensberatungsgesellschaft Deloitte. In den sechs Vergleichsmärkten USA, China, Großbritannien, Frankreich, Kanada und Australien haben im Schnitt 35 % der Unternehmen eine unternehmensweite Strategie für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Angst vor falschen Entscheidungen und Unsicherheit beim Thema Cyber-Sicherheit prägen 46 % der deutschen Unternehmen. Immerhin: Deutschlands Firmen haben erkannt, dass KI für ihre Produkte und Dienstleistungen, aber auch für interne Abläufe, Vorteile bringt, bescheinigt die Studie.

… und als Chance für die Konjunktur

Tatsächlich stellt sich die Bundesregierung vor, Deutschland zum führenden Standort für Künstliche Intelligenz zu machen. Dafür wurden Ende vergangenen Jahres zusätzliche 3 Mrd. Euro bis 2025 angekündigt, etwa um 100 neue Professorenstellen zu finanzieren. Warum ist die Bundesregierung so interessiert an einem Thema, obwohl es bei vielen Menschen Ängste wegen der zu erwartenden Verschiebungseffekte in der Arbeitswelt weckt? Ein Grund ist hier sicher auch der erwartete Effekt auf die wirtschaftliche Entwicklung, welcher der Künstlichen Intelligenz zugeschrieben wird:

  • Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz könnten die Umsätze von Unternehmen weltweit bereits bis 2022 um durchschnittlich 38 % steigen (accenture)
  • Das deutsche BIP soll allein aufgrund KI-basierter Lösungen bis 2030 um mehr als 11 % steigen (ein Volumen von rund 430 Mrd. Euro). Weltweit liegt das Plus bei 14 % (PWC).

Künstliche Intelligenz ist ein Megatrend. Und bietet aufgeschlossenen und langfristig orientierten Anlegern entsprechende Gewinnchancen.

Big Data und junge Produkte

Natürlich spielen die Big-Data-Unternehmen wie Facebook, Google, Apple oder Amazon bereits in der ersten KI-Liga. Genau genommen bilden die Datenberge im Silicon Valley die Grundvoraussetzung für die Entstehung und Nutzung Künstlicher Intelligenz. Mit Abermillionen von Daten gefüttert, können Prozessoren beginnen zu lernen und stabile künstliche neuronale Netze aufzubauen. In Deutschland wird sich KI wohl am stärksten in den Branchen Gesundheit und Bildung, im Handel und der Telekommunikation durchsetzen (gemessen am wachsenden BIP-Anteil). Deutsche Technik, so ein KI-Investment-Experte, sei eine exzellente Voraussetzung für eine erfolgreiche KI-Ausrichtung. Unternehmen aller Branchen, da sind sich die Studien einig, werden vom Einsatz intelligenter Systeme einen Wachstumsschub erwarten können, etwa indem Prozesskosten reduziert oder Fahrstrecken optimiert werden. 

Für ein direktes Investment in Künstliche Intelligenz besteht zumindest in Deutschland noch keine genügende Masse an geeigneten Unternehmen. Weltweit sieht das natürlich anders aus: Längst prangt das Etikett KI beziehungsweise AI (Artificial Intelligence) auf Finanzprodukten wie Fonds oder ETFs, deren Erträge sich zum Teil durchaus sehen lassen können. Allemal werbewirksam ist es, die Künstliche Intelligenz gleich die Aktienauswahl und die Portfoliozusammenstellung übernehmen zu lassen. Ob dies Erfolg haben wird in einem Börsenhandel, der quasi komplett von Programmen gesteuert wird? Beim Analysehaus Morgingstar rät man in jedem Fall, genau hinzusehen, ob die KI-Ausrichtung nicht vor allem Marketing-Geklimper sei.

Alles wird berechenbar

Mindestens so interessant wie das Investieren in KI ist das erfolgreiche Investieren durch KI. Giganten wie Blackrock oder Goldman Sachs verfügen für das Management ihrer Anlagebestände über ein eigenes KI-System. Es berechnet nicht nur beständig den Wert jeder einzelnen Position, sondern kalkuliert auch Variablen mit ein, wie Umsatzzahlen, Konjunkturdaten, Währungskurse oder den Ölpreis. Für den Menschen unmöglich, für die KI kein Thema.

KI ist schließlich ein Meister der Prognose. Big Data, spottbillige Datenspeicherung und gigantische Rechenkapazitäten machen den Blick in die Zukunft verlässlicher. Denn alles, was in eine Prognose mit aufgenommen werden könnte – selbst Social-Media-Beiträge oder Satellitenbilder – kann mittlerweile auch berechnet werden. Das macht komplexe Systeme beherrschbarer.

Da haben wir ein Auge drauf

Das Thema Künstliche Intelligenz in den Finanzmärkten ist natürlich auch bei der Aufsicht angekommen. Die BaFin stellt fest, dass Banken und Versicherungen in Sachen KI nachrüsten und erwartet:

  • mehr Effektivität, differenziertere Preisgestaltung
  • Beschleunigung bei Handel, Vertrieb und Produktentwicklung
  • mehr Akteure, mehr Verbindungen und damit mehr Komplexität
  • Nutzung finanzmarktfremder Daten für Prognosen
  • Produktinnovationen und Geschäftsmodelle, die nicht der Regulierung unterliegen
  • Entstehung neuartiger systemrelevanter Unternehmen, z. B. Daten-, Plattform- und Algorithmen-Anbieter

In der Ausgabe 1/2018 der „BaFin Perpektiven“ gibt die Aufsichtsbehörde im Artikel „Aufsicht und Regulierung in Zeiten von Big Data und künstlicher Intelligenz“ einen spannenden Ausblick auf die kommenden Entwicklungen.

Keine Frage mehr offen?

Wir können dazu neigen, mit Begeisterung auf Siri und Alexa, selbstfahrende Autos und den künstlich-intelligenten Fondsmanager zu reagieren. Oder in Panik zu verfallen, die Menschheit könne sich abschaffen wie in der düsteren Utopie der „Terminator“-Filme. Fakt ist, dass Künstliche Intelligenzen bereits existieren. KI wird alle Lebensbereiche durchdringen, in der Finanzwelt ist sie bereits da. Wir müssen uns also die Frage stellen: Wie wollen wir damit umgehen? Und welche Rolle bleibt uns als Mensch?

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