02 | 2017 Fokus

Wahlen in Frankreich: Droht Euro und EU das Ende?

Bild: © Rozol – Fotolia

Nachdem Trump das Kunststück vollbrachte, vom vermeintlichen Witz-Kandidaten mit teils haarsträubenden Wahlversprechen zum 45. US-Präsidenten zu werden, scheint nichts mehr unmöglich. Bereits zuvor zeigten der Brexit-Volksentscheid der Briten und das missglückte Vertrauensvotum in Italien, dass längst auch in Europa das Establishment wackelt. Jetzt stehen mit den Wahlen in Frankreich und den Niederlanden die nächsten Feuerproben für die Europäische Union vor der Tür. Siegen die rechten Populisten, könnten EU und Euro zerbrechen.

Wie glaubhaft sind Umfrageergebnisse?

Bisher glaubte kaum jemand an eine reelle Chance von Marine Le Pen, der Chefin der rechten Front National, bei den am 23. April 2017 beginnenden Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Doch der bisher aussichtsreichste Kandidat, der Konservative François Fillon, stolpert derzeit über eine Scheinbeschäftigungsaffäre um seine Frau. Seine Umfragewerte befinden sich im freien Fall. Allein der unabhängige Kandidat und ehemalige Wirtschaftsminister Emmanuel Macron wird noch als ernstzunehmender Widersacher gehandelt und hält die Hoffnungen der etablierten Kräfte hoch. Nach aktuellen Umfragen träten Le Pen und Macron in der Stichwahl am 7. Mai gegeneinander an. Macron würde demnach die Stichwahl mit fast zwei Dritteln der Stimmen gewinnen. Doch Trump und Brexit haben gezeigt, wie irreführend Umfragen sein können.

Le Pen will zurück zur „Grande Nation“

Käme Le Pen an die Macht der nach Deutschland zweitgrößten Volkswirtschaft in der Eurozone, hätte das weitreichende Folgen: Im Wahlkampf verkündete sie, im Falle ihrer Wahl Frankreich nach britischem Vorbild aus der EU zu führen und den Schengen-Raum zu verlassen. Wie Trump stellt sie die NATO in Frage und deutet auch hier einen Ausstiegs Frankreichs an.

Französische Unternehmen sollen bei öffentlichen Aufträgen bevorzugt und vor internationalem Wettbewerb geschützt werden. Unternehmen, die ausländische Arbeitskräfte einstellen, sollen mehr Steuern zahlen. Nach Le Pens Willen soll Frankreich wieder zur „Grande Nation“ werden – stark und unabhängig. Und das ginge nur ohne den Euro.

Der Euro als Waffe

„Wenn ein Volk frei sein will, dann muss es seine Währung haben“, sagte sie in einem Radio-Interview auf „Europe 1“. „Der Euro ist nicht nur eine Währung, er ist auch eine politische Waffe, die zur Erpressung bestimmter Länder dient.“ Die mit diesen Worten verbundene Unsicherheit führte längst zu einem Rückzug ausländischer Aktien-Investoren aus Europa und zu ansteigenden Zinsen südeuropäischer Staatspapiere. Der Euro gerät gegenüber dem US-Dollar zusätzlich unter Druck.

Die Europäische Union ist nicht Amerika

Nun sind nach der Wahl Donald Trumps auch nicht die Horrorszenarien eingetreten, welche zuvor für hohe Volatilitäten an den Märkten gesorgt hatten. Im Gegenteil, die Kurse US-amerikanischer Unternehmen setzen auf Basis kurzfristiger Wahlgeschenke zu Höhenflügen an. In Erwartung eines umfassenden US-Konjunkturpaketes und einer sehr wirtschaftsfreundlichen Politik legten die Aktienmärkte zu und ließen auch viele Fonds Anfang 2017 profitieren. Allerdings wurden bereits erste Gewinnmitnahmen beobachtet. Wie nachhaltig diese Entwicklung also sein wird, bleibt abzuwarten.

Doch in Europa ist die Situation eine andere. Verließe Frankreich die EU, verbliebe Deutschland als einzige große Volkswirtschaft. Doch allein könnte es der anhaltenden Belastung des Euroraums nicht standhalten. Deutschland wäre politisch isoliert, eine Fortführung der EU für Deutschland nicht haltbar und damit der Austritt Deutschlands und das endgültige Auseinanderbrechen der Währungsunion die logische Konsequenz.

Schock für den europäischen Wirtschaftsraum

Der folgende Schock dürfte zu Staatspleiten im Süden führen und auch in der deutschen Wirtschaft für Chaos und eine anhaltende Verunsicherung sorgen. Ohne sofort greifende Kapitalverkehrskontrollen käme es europaweit zu massiven Verwerfungen durch unkontrollierte Liquiditätsströme, die Wirtschaft und insbesondere Banken bedrohten. Selbst der immense Aufwand für die dann sofort benötigten Kapitalverkehrskontrollen würde Banken zu Fall bringen und die Wirtschaft massiv beeinträchtigen. Das beträfe Deutschland als stärkste Wirtschaftsnation in Europa ebenso wie die südeuropäischen Krisenländer, deren Insolvenzrisiko durch die steigenden Risikoprämien sofort zunehmen würde.

Fazit für Investoren

Was bedeutet das nun für Investoren? Die Volatilität wird mit steigender Nervosität vor den Wahlen zunehmen. Das bedeutet in der Regel hohe Risikoprämien beziehungsweise sinkende Wertpapierkurse. Daraus können Chancen für Mutige entstehen. Tritt tatsächlich das befürchtete Extremereignis ein, dürften die massiven Folgen entsprechende Verluste noch weit in den Schatten stellen. Hedging-Strategien und andere derivative Instrumente zur Begrenzung des Down Side-Potenzials sollten unbedingt berücksichtigt werden.

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