„Not amused“ dürfte die britische Queen gewesen sein, als sie äußerst medienwirksam vor den Karren der Brexit-Befürworter gespannt wurde.
Die britische Boulevardzeitung „The Sun“ titelte am Mittwoch: „Queen backs Brexit“, sie unterstütze also den Austritt Großbritanniens aus der EU. Ein angeblicher Insider wollte gehört haben, wie sich die Queen bei einem offiziellen Mittagessen mit Ex-Vizepremier Clegg eindeutig geäußert habe. Die Aufregung war groß, denn das britische Königshaus muss sich in politischen Fragen neutral verhalten. Das Dementi kam dann auch prompt und deutlich.
Die möglichen Folgen des BrexitS behandeln wir ausführlich in unserem Fokus-Thema des Monats 03|2016. Dass der eventuelle Brexit eine so große Rolle spielt, hat vor allem mit Angst zu tun. Angst vor wirtschaftlichen Abhängigkeiten, vor Besitzverlust und vor allem vor einer großen Zahl von Immigranten, die in ihrer Not in das wohlhabende Europa strömen. Diese Angst ist kein britisches Problem, sondern in ganz Europa verbreitet. Wohin man schaut, werden nationalistische Tendenzen und rechtspopulistische Parteien stärker. Die Schließung der Balkanroute ist nur eines von vielen Beispielen.
Angst regiert derzeit auch die Kapitalmärkte. Mit Vernunft oder Logik hat die Entwicklung der Aktienkurse nur noch wenig zu tun. Bestes Beispiel: Die Achterbahnfahrt des DAX nach der überraschenden Zinssenkung der EZB auf Null. Erst schossen die Kurse nach oben, dann folgte die Ernüchterung und die Kurse fielen wieder. Überhaupt sind die Aktienkurse derzeit eher ein Indikator der allgemeinen Gefühlslage, wobei sich Optimismus und Pessimismus ständig abwechseln. Mit substanziellen Unternehmenswerten, echter Wirtschaftskraft und Investitionen in künftige Gewinne hat das nicht viel zu tun. Viele Unternehmen sind an der Börse fundamental unterbewertet. Dabei ist der Aufschwung der deutschen Wirtschaft nach einer jüngsten Prognose des Kieler Instituts für Weltwirtschaft intakt. Das Wachstum des BIP 2016 prognostizieren die Kieler mit 2,0 %.
Offenbar angstfrei scheint Carsten Kengeter zu sein. Der Chef der Deutschen Börse strebt trotz drohenden BrexitS völlig unbeeindruckt die Fusion mit der Londoner Börse an und will sogar den Geschäftssitz des neuen Konzerns auf die Insel verlegen. Das Ziel ist nicht weniger, als zu den zwei weltweit führenden Unternehmen in jedem der besetzten Geschäftsfelder zu werden. Wo das nicht möglich scheint, wird rigoros abgespalten. So veräußerte die Deutsche Börse die 2007 erworbene International Securities Exchange (ISE) jüngst für 1,1 Mrd. US-Dollar an die NASDAQ. Lassen Sie uns ein Beispiel an Herrn Kengeter nehmen: Folgen wir nicht unserer Angst, sondern unseren Visionen!