03 | 2018 Markt

Droht der Rückzug vom Rückzug?

Der kommende Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zeichnet sich immer deutlicher ab. Bei ihrer Zinsentscheidung im März verzichtete die EZB auf den zuletzt üblichen Hinweis, dass die Notenbank das milliardenschwere Anleihekaufprogramm wieder ausweiten könnte, sofern sich die Rahmenbedingungen verschlechterten. Experten werten das Weglassen der Formulierung als Indiz für eine mögliche Zinserhöhung im Jahr 2019. Der nächste Schritt wäre ein klarer Hinweis darauf, dass das Aufkaufprogramm im Herbst 2018 nicht mehr verlängert wird.

Der Leitzins im Euroraum blieb wie erwartet bei 0,0 %, der Strafzins für Einlagen bei weiterhin 0,4 %. Das Kaufprogramm für Staatsanleihen läuft auf dem auf 30 Mio. Euro pro Monat reduzierten Niveau zunächst bis September 2018 weiter.

Zwar ist man vom formulierten Inflationsziel nahe 2,0 % nach wie vor weit entfernt – im Februar lag die Inflationsrate im Euroraum mit 1,2 % auf dem niedrigsten Stand seit Dezember 2016. Doch das stärkere Wirtschaftswachstum stimmt die Währungshüter zuversichtlich: Die Konjunktur legte im vergangenen Jahr mit 2,3 % so kräftig zu wie seit zehn Jahren nicht mehr.

Bezüglich des drohenden Handelskrieges der USA gegen China und die EU betont Draghi, dass die Zuversicht an den Märkten und damit das Wachstum nicht belastet werden dürfe. Es ist ihm anzumerken, was er von der Deregulierung des US-Binnenmarktes und dem Trump’schen Protektionismus hält. Auch andere Marktexperten fürchten, dass es nur Verlierer geben wird. Die Steuerreform treibt die US-Konjunktur an und verschlechtert damit die US-Handelsbilanz. Ein Effekt, dem man nun mit Strafzöllen begegnen will. Die Auswirkung auf die Handelsbilanz dürfte überschaubar sein, die Volatilität an den Märkten allerdings zunehmen.

Strafzölle auf Importgüter schädigen nicht nur europäische oder asiatische Exportunternehmen, sondern auch die USA selbst, denn US-Unternehmen sind sehr viel stärker auf ausländische Waren und Güter angewiesen als andersherum. Für die Inflation in den USA dürfte dies einen Anschub bedeuten. Bislang rechnen die Marktteilnehmer damit, dass die US-Notenbank Fed in diesem Jahr die Leitzinsen maximal drei- bis viermal erhöht. Sollte die Inflation jedoch deutlich stärker als bisher angenommen anziehen, könnte eine sehr viel restriktivere Geldpolitik der Fed die Folge sein. Deren nächste Zinsentscheidung ist am 21. März. Es wird damit gerechnet, dass die Notenbank den Leitzins dann in eine Spanne von 1,50 bis 1,75 % anheben wird.

In Europa dagegen würde ein stärkerer Euro nicht nur das Wirtschaftswachstum dämpfen, sondern tendenziell auch die Inflation drücken. Wie beschrieben, fiel diese zuletzt bereits und entfernt sich damit weiter vom Ziel nahe 2,0 %. Investoren werden darauf achten, ob die EZB wegen der Euro-Stärke ihre Prognosen anpassen wird. Erste wichtige konjunkturelle Frühindikatoren haben sich bereits abgeschwächt.

Die Bundesbank trifft dagegen bereits Vorkehrungen für ein Ende der Negativzinsen im Euroraum. Sie gab bekannt, die entsprechenden Wagnisrückstellungen um 1,1 Mrd. Euro auf nun 16,4 Mrd. Euro aufzustocken. „In der Vergangenheit mussten Kreditinstitute der Bundesbank Zinsen zahlen, wenn sie sich Geld von ihr geliehen haben“, erklärte Bundesbankvorstand Carl-Ludwig Thiele der Neue Osnabrücker Zeitung. „Heute haben die Banken Einlagen bei der Zentralbank angelegt, für die sie Negativzinsen zahlen müssen.“ Diese Negativzinsen bilden inzwischen mit knapp 2,2 Mrd. Euro die wichtigste Ertragsposition der Bundesbank. „Falls der Zinssatz auf die Einlagen auf Null Prozent angehoben würde, würden die Erträge entfallen. Und sollten die Zinsen noch weiter steigen, würde sich heutige Situation umkehren und die Bundesbank hätte den Banken Zinsen auf ihre Einlagen zu zahlen.“ Zur Abdeckung dieser denkbaren Risiken bilde die Bundesbank unter anderem die Wagnisrückstellungen, sagte Thiele.

Ausblick

Nicht zuletzt durch Trumps unberechenbare Politik steht ein Anstieg der Zinsen in Europa weiterhin in den Sternen.

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