03 | 2020 Editorial

Angst essen Märkte auf

freshidea – stock.adobe.com

Hamsterkäufe von Nudeln, Mehl und anderen Grundnahrungsmitteln, Ausverkauf von Desinfektionsmitteln und Atemmasken, Unternehmen, die hunderte Mitarbeiter zur Heimarbeit nach Hause beordern, abgesagte Veranstaltungen wie die Reisemesse ITB in Berlin und nicht zuletzt Panikverkäufe an den Börsen: Panik scheint um sich zu greifen. Die Menschen reagieren mit teils irrationaler Angst auf die immer neuen Verdachtsmeldungen von Infektionen mit dem Corona-Virus weltweit.

Dabei ist eine Infektion statistisch gesehen höchst unwahrscheinlich. Weit mehr Menschen infizieren sich jährlich mit der Grippe, die für Menschen ohne Vorerkrankung oder Zugehörigkeit zu einer sonstigen Risikogruppe ganz ähnliche Symptome zeigt wie der neue Virus. Während bisher ca. 1.000 Infektionen mit dem neuartigen Corona-Virus in Deutschland nachgewiesen wurden, ließen sich in diesem Winter rund 2,1 Mio. (!) Menschen wegen einer Grippe-Infektion von ihrem Hausarzt behandeln. Nachweislich in Krankenhäusern gemeldete Fälle von Influenza-Infektionen summieren sich weltweit aktuell auf rund 100.000.

Es ist also offenbar eher die Angst vor dem Neuen, dem Unbekannten, die zu irrationalen Reaktionen führt. Menschen reagieren panisch, wenn eine neue und scheinbar unkontrollierbare Gefahr auftaucht. Hinzu kommt der mediale Informationsüberfluss, der sich allerdings leider allzu oft als inhaltsleer und redundant entpuppt. Eben sehen wir in den Nachrichten, dass China Großstädte abriegelt und Ausgangssperren verhängt. Wir sehen Bilder von Menschen in Schutzanzügen und Quarantäne-Stationen. Dann hören wir von ersten Verdachtsfällen in Europa, dann in Deutschland. Auf einmal wird im Fernsehen, im Radio, im Internet und auf der Straße überall von Vorsichtsmaßnahmen, Notfallplänen und Verdachtsfällen gesprochen – und unser Unterbewusstsein verknüpft all diese Informationen zu einer unmittelbaren Bedrohung.

Dabei muss hier genau differenziert werden – zwischen der unmittelbaren Bedrohung durch das Virus selbst, die für den einzelnen und insbesondere für die Wirtschaft gering ausfallen dürfte, und der mittelbaren Bedrohung durch die ausgelöste Panik und teure Vorsichtsmaßnahmen. Wobei die Hamsterkäufe dem Einzelhandel vorübergehend sogar deutliche Umsatzsteigerungen bescherten. Wenn jedoch Firmen Veranstaltungen, Geschäftsreisen und Kundentermine aus Angst vor Infektionen absagen, Betriebe die Produktion einstellen, weil Mitarbeiter in Quarantäne sind oder Waren aus Asien nicht mehr rechtzeitig eintreffen, dann wird die Angebotsseite des Marktes und damit die Konjunktur massiv eingebremst, verlieren die Märkte das Vertrauen und brechen die Börsen ein.

Es ist also nicht der Virus an sich, der zu großem wirtschaftlichem Schaden führt, sondern die Angst.

In diesem Sinne: Bange machen gilt nicht. Bleiben Sie mutig!

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