10 | 2018 Fokus

Abgedreht

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Seit mehreren Jahren flutet die EZB die Kapitalmärkte mit frischem Geld. Langsam aber sicher wird der Zufluss gestoppt. Wie „uneasy“ wird das Ende des „Quantitative Easing“ für die Finanzmärkte?

Quantitative Easing (QE), das seit 2015 bestehende Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB), läuft 2018 aus. Damit endet das Bemühen der EZB, die Folgen der Finanzkrise und griechischen Herausforderungen zu glätten: Die Zinsen im Norden und Süden der Währungsunion einander anzugleichen, die Inflation auf ein gesundes Maß anzuheben und die Konjunktur anzufachen. Für eine Zentralbank, deren vorrangigste Aufgabe darin lag, die Preise stabil zu halten, ein bis dato unerhörtes Unterfangen.

Frisches Geld für erschöpfte Konjunktur

Nach vier Jahren und über 2,6 Billionen in Anleihen investierter Euro wird das Projekt ganz behutsam beendet, um möglichst keine Verwerfungen an den Kapitalmärkten zu erzeugen. Ein Vorgehen, das bislang als gelungen zu betrachten ist. Dennoch wird dem Finanzsystem in den kommenden Jahren massiv Geld entzogen. Damit stellt sich natürlich die Frage nach den Folgen.

Dazu werfen wir zunächst einen Blick auf die Pläne, die EZB-Chef Mario Draghi seinerzeit mit der nicht unumstrittenen Einführung des Quantitative Easing verfolgte – einem Projekt, das die Fed bereits vorgelebt hatte:

Billionen Euro in Anleihen investiert

Die Zentralbank kaufte monatlich Staatsanleihen auf, wobei das Volumen von 60 Mrd. Euro über zwischenzeitlich 80 Mrd. Euro auf nunmehr zum Schluss nur noch 15 Mrd. Euro variierte. Auf diese Weise erhalten die nationalen Zentralbanken, die das Geschäft zum Großteil für die EZB abwickeln, Geld an die Hand, das sie als Kredite an die Wirtschaft weiterreichen sollen.

Wirtschaftspolitik per Notenpresse, so der häufig geäußerte Vorwurf. Rechtlich aber sauber, so jedenfalls die jüngste Einschätzung der EuGH-Generalanwaltschaft, welcher der Europäische Gerichtshof in der Regel folgt.

Sanierung des Euroraums oder Wirtschaftspolitik per Notenpresse?

Konkret ging es bei dem Programm aber auch darum, die Banken und Regierungen Südeuropas zu entlasten, welche unter der Last der zeitweilig auf Ramschniveau herabgestuften Anleihen ächzten.

Ob durch die Maßnahmen des Quantitative Easing die angestrebten Erfolge für die Eurozone erreicht wurden, sei dahingestellt: Die Wirtschaft im Euroraum hat jedenfalls an Fahrt aufgenommen, weshalb die ultralockere Geldpolitik obsolet geworden sei, so die Einschätzung der Europäischen Notenbanker.

Zwischenzeitlich profitierten Anleger von der ungewöhnlichen Situation, dass sowohl die Aktien- als auch die Anleihenkurse stiegen. Allerdings wird auch die Überhitzung der Immobilienmärkte im Zusammenhang mit den sinkenden Anleiherenditen und Zinsen nahe Null gesehen.

EZB drückte mit gigantischer Nachfrage die Renditen

Was aber passiert nun an den Kapitalmärkten, wenn die EZB ihre Maßnahme zurückfährt? Klar ist, dass die EZB Anleihen im Wert von mehreren Billionen Euro nicht plötzlich auf den Markt werfen wird. Im Gegenteil: Die Gelder auslaufender Papiere werden bis auf Weiteres reinvestiert.

Sicher ist aber auch, dass die EZB mit ihren Eingriffen in den Markt diesen auch stark verändert hat: Mit der künstlichen Nachfrage nach Unternehmensanleihen etwa sanken auch die Renditen dieser Papiere. Darüber hinaus befeuerte bereits die Ankündigung der Notenbank, ab Juni 2016 neben Staatsanleihen auch Unternehmensanleihen aufzukaufen, das Emissionsvolumen in diesem Segment.

Vergleichbares galt auch für die Renditeentwicklungen von Staatsanleihen, die sich im europäischen Mittel um 63 Basispunkte reduzierten, wobei die Renditen von Papieren mit geringerer Bonität stärker reagierten als etwa Bundesanleihen.

Steigende Anleiherenditen auf dem Radar

Marktbeobachter gehen davon aus, dass der beschriebene Renditerückgang ein Indiz für die Marktentwicklung nach Ende des Quantitative Easing sein könnte. Es gibt allerdings zwei Gesichtspunkte, die zwei gegenläufige Szenarien realistisch erscheinen lassen – dass die Anleiherenditen sowohl stärker als auch geringer zurückkommen könnten, als der vorangegangene Renditerückgang impliziert:

  • Für einen stärkeren Renditezuwachs spricht, dass das fundamental gerechtfertigte Zinsniveau für Anleihen 2019 wegen des eingetretenen Wirtschaftswachstums höher liegen könnte als 2015.
  • Für ein geringeres Renditeplus als das gewichtete Mittel spreche, so Kapitalmarktexperten, die äußerst zurückhaltende Kommunikation der EZB: Sie nannte zunächst kein konkretes Ende für die Anleihekäufe. Dann wurde lediglich die Aufkaufsumme reduziert und zugesagt, dass Gelder aus fällig werdenden Anleihen reinvestiert würden. Wann sich die EZB schlussendlich von aufgekauften Anleihen trennen will, ist noch völlig offen. Keine Panik erzeugen, so die Devise aus Frankfurt.

Renditeplus für alle Anlageformen

Auch muss mit Blick auf die Renditeentwicklung von Staatsanleihen darauf hingewiesen werden, dass die Märkte bereits seit den ersten Spekulationen um ein Ende des QE-Programms einen leichten Renditeanstieg vorweggenommen haben.

Ähnliches gilt auch für die Unternehmensanleihen: Hier erwarten Kapitalmarktexperten ebenfalls nur moderat steigende Renditen, wenn sich Anleger von hochverzinsten, aber schlechter gerateten Unternehmen abwenden, um wieder zu Investment-Grade-Anleihen zurückzukehren. Für die Pfandbriefe gilt vergleichbares: Auch hier werden institutionelle Anleger zurückerwartet, was wiederum den Renditeanstieg bremsen sollte.

Ernsthafte Verwerfungen an den Kapitalmärkten sind also nicht zu erwarten. Gleichwohl stellen die sinkenden Kurse Anleihe-Investoren vor Herausforderungen. Anders sieht es bei Kapitalmarktanleihen wie denen von PATIO Direkt aus: Diese zeigen nicht nur solide Renditen aus den jährlichen Coupons, sondern auch eine sehr stabile Bewertung im Portfolio.

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