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Taylor-Regel

Heute gilt das (erweiterte) IS-LM-Modell als nicht mehr zeitgemäß, um die Auswirkungen der Geld- und Fiskalpolitik zu beschreiben. Es unterstellt, dass der Staat über die Notenbank das Ziel einer konjunkturellen Glättung verfolgt, also in schwachen Konjunkturphasen Anreize setzt und diesen Aufwand in starken Phasen finanziert. Doch tatsächlich verfolgen Notenbanken heute definierte Inflationsziele und legen den Zins für das Zentralbankgeld so fest, dass sich die Inflationsrate dem Ziel annähert, jedoch keine Rezession oder gar Depression ausgelöst wird. So betreibt die Notenbank keine Geldmengenpolitik und der Zins ist kein Gleichgewichtszins auf dem Geldmarkt. Nachfrage und Investitionen werden negativ vom Zinsniveau beeinflusst. Entscheidend ist dabei der Realzins, während das IS-LM-Modell nicht zwischen Nominalzins und Realzins unterscheidet.

Die entsprechende Weiterentwicklung des Modells zur Abbildung der Leitzinsentwicklung ist die in den 1990er Jahren entwickelte Taylor-Regel. Der Ökonom John B. Taylor analysierte die Entwicklung von Leitzinsen in der Vergangenheit und das entsprechende Verhalten der Zentralbanken. Auf Basis der so empirisch ermittelten Faktoren waren dann auch Prognosen der künftigen Leitzinsentwicklung möglich. Die Taylor-Regel beschreibt den Leitzins r mit einer Formel, in der als Faktoren insbesondere Inflationsrate und Sozialprodukt eine wesentliche Rolle spielen:

= Inflationsrate

 = Inflationsziel

 = Output-Lücke

Die Variablen  und  beschreiben die Gleichgewichtsgrößen beziehungsweise als Koeffizienten die „Politik-Reaktions-Parameter“ und den gleichgewichtigen Realzins.

Entscheidend sind vor allem zwei Faktoren: Die Inflationslücke (inflation gap) als Differenz zwischen Inflationsrate und Inflationsziel und die Outputlücke (output gap) als Differenz zwischen Produktion (Output) und Produktionskapazität. Letztere entspricht dem nicht ausgenutzten Potenzial der Wirtschaft. Als Produktionspotenzial kann die langfristige Entwicklung des BIP bei normaler Auslastung der vorhandenen Kapazitäten angesetzt werden.

Liegt die Inflationsrate über dem Inflationsziel, sollten die Leitzinsen steigen (restriktive Geldpolitik), im umgekehrten Fall sinken (expansive Geldpolitik). Ist die Produktion ausgelastet, sollten die Leitzinsen ebenfalls steigen und bei niedriger Auslastung sinken.

Für die US-amerikanische Notenbank Fed beschreibt Taylor beispielsweise folgende Regel:

 r=p+0,5y+0,5(p-2)+2}

Die Taylor-Regel wurde mittlerweile auch von Notenbanken als Orientierung verwendet, unter anderem von der amerikanischen Fed. Sie ist jedoch nicht für alle Zentralbanken und ihre Volkswirtschaften allgemein gültig, sondern muss jeweils geringfügig angepasst werden. So gibt es inzwischen mehrere Variationen und Formeln der Regel.

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