Unaufgeregt

Mit der Schelte seitens des um die florierende US-Wirtschaft fürchtenden US-Präsidenten Donald Trump hatte es wohl nichts zu tun. Wie Ökonomen und Analysten erwartet hatten, beließ die US-Notenbank Fed den Leitzins in der Spanne von 2,00 bis 2,25 %. Das war das Ergebnis ihrer zweitägigen Novembersitzung in Washington. In diesem Jahr hatte sie bereits dreimal die Zinsen angehoben, zuletzt im September.

Experten erwarten noch eine weitere Zinserhöhung im Dezember 2018 und drei weitere im kommenden Jahr. Aufgrund der guten US-Konjunktur und sich weiter verbessernden Daten vom Arbeitsmarkt wurde zwischenzeitlich gar über eine noch schnellere Anhebung der Zinsen spekuliert. Die Notenbanker um Jerome Powell sprachen von einem „starken“ Wirtschaftswachstum und ließen damit die Tür für weitere Zinsschritte in naher Zukunft offen. Die US-Wirtschaft legte in den vergangenen beiden Quartalen um 4,2 % und 3,5 % zu.

Eng an die US-Wirtschaft ist die Konjunktur in Kanada gekoppelt. So war es auch nicht verwunderlich, dass die kanadische Notenbank angesichts der boomenden Wirtschaft den Leitzins erneut erhöht und weitere Schritte ins Auge gefasst hat. Mit der fünften Erhöhung im Jahr 2018 liegt der Leitzins in Kanada nun bei 1,75 %. Das Wirtschaftswachstum wird für das dritte Quartal mit 1,8 % p. a. angegeben. Im vierten Quartal soll es noch weiter auf 2,3 % p. a. zulegen. Die Sorge vor Handelsspannungen mit den USA konnte durch den Abschluss eines neuen Handelsabkommens zwischen Kanada, den USA und Mexiko zerstreut werden.

In der Eurozone steckt die Konjunktur nach Ansicht des EZB-Präsidenten Mario Draghi derzeit allenfalls in einer vorübergehenden Schwächephase. Von Abschwung könne keine Rede sein. Vielmehr machte er temporäre Schwächen in einzelnen Ländern und Segmenten aus, wie etwa den zuletzt kriselnden Automarkt in Deutschland. Eine genauere Analyse der Lage sei erst mit den für Anfang Dezember avisierten Prognosen der Volkswirte möglich. Die von der EZB angepeilte Inflationsrate von „knapp unter 2 %“ wurde allerdings bereits im September 2018 mit 2,1 % und auch im Oktober mit 2,5 % überschritten. Die EZB macht dafür jedoch stark schwankende Energie- und Nahrungspreise verantwortlich. Entsprechend bestätigte die EZB den Zinsausblick, nach dem eine Zinserhöhung nicht vor Ende des Sommers 2019 anstünde. Das Anleihekaufprogramm wird wie angekündigt zum Jahresende auslaufen.

Im östlichen Europa wird dagegen schneller gehandelt: Keine andere Notenbank in Europa dreht derzeit schneller an der Zinsschraube als die Zentralbank in Prag. Mit der siebten Zinserhöhung im aktuellen Zyklus stieg der tschechische Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 1,75 %. Die Prager Notenbanker wollen unbedingt eine Überhitzung der zuletzt stark anziehenden Konjunktur in Tschechien vermeiden. Für die erste Jahreshälfte 2019 wird mindestens eine weitere Zinserhöhung erwartet.

Die Volkswirtschaften der Türkei und Russlands stehen dagegen eher nicht im Verdacht zu überhitzen. Hier sorgten vielmehr Inflationsängste für das Stillhalten der Notenbanken auf relativ hohen Zinsniveaus von 24,0 % (Türkei) und 7,5 % (Russland).

Ausblick

Die Notenbanken agieren weiter ganz unaufgeregt: Solange die Konjunktur hält, wird die expansive Geldpolitik weiter zurückgefahren. Daran ändert auch die Schelte durch den US-Präsidenten nichts.

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