Behavioral Finance

Das moderne Finanzwesen beruht im Wesentlichen auf zwei Grundannahmen: Der Mensch handelt als „Homo oeconomicus“ grundsätzlich rational auf Basis der ihm bekannten Informationen und ist stets bestrebt, seinen Nutzen zu maximieren. Angebot und Nachfrage der so handelnden Akteure ergeben einen „fairen Preis“ auf den Finanzmärkten. Diese Theorie stößt jedoch regelmäßig an ihre Grenzen, wenn es um die Erklärung von Blasen, Hypes und andere Marktanomalien geht.

Behavioral Finance (engl.) ist ein Untergebiet der Behavioral Economics (Verhaltensökonomik) und somit letztlich ein Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaften, das gezielt diese Phänomene untersucht und sich mit dem Einfluss der Psychologie der Anleger beschäftigt. Behavioral Finance bricht dabei mit dem Bild des Homo oeconomicus, der alles weiß und stets effizient und rational handelt. Sie steht jedoch nicht grundsätzlich im Widerspruch zur modernen Finanztheorie, sondern ergänzt diese.

Stattdessen vertreten die Fachvertreter die These, dass die Anleger in der Regel irrational handeln. Nach ihrer Überzeugung gilt die Theorie der nutzenmaximierenden Marktteilnehmer nicht mehr. Letztlich würde dies die Behauptung erhärten, wonach es unwahrscheinlich sei, dass ein einzelner Investor mit seinem Portfolio langfristig den Gesamtmarkt schlägt. Doch da es an den Finanzmärkten letztlich auch immer um Verlustminimierung geht, kann Behavioral Finance so oder so eine gute Hilfestellung leisten. Denn wer andere Marktteilnehmer besser versteht und ihre typischen Eigenarten kennt, macht vermutlich selber weniger Fehler.

Die Forschungsrichtung der Behavioral Finance entstand Mitte der 1980er Jahre in den USA und findet seitdem auch in Europa immer mehr Anhänger. Eine der wichtigsten Arbeiten zur Behavioral Finance und Behavioral Economics wurde von Daniel Kahneman und Amos Tversky 1979 geschrieben. Der Aufsatz mit dem Titel „Prospect theory: An Analysis of Decision under Risk“ griff auf kognitive psychologische Methoden zurück, um dokumentierte Anomalien bei Anlageentscheidungen zu erklären. Ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung der Behavioral Finance war eine Sonderausgabe im Jahr 1997 des renommierten Quarterly Journal of Economics zum Gedenken an Amos Tversky.

2017 wurde dem US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Richard H. Thaler für seine Forschung zur Wirtschaftspsychologie der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften verliehen. Thaler untersuchte Marktanomalien und Entscheidungsfindungsprozesse. So konnte er unter anderem die Pfadabhängigkeit von Risikoverhalten belegen – das bedeutet, dass eine Reihe kleinerer Gewinne sukzessive dazu führen, dass man immer größere Risiken eingeht.

Wichtige Ansätze der Behavioral Finance haben wir in diesem Fokus-Thema zusammengestellt.

 

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