Vertagt

Trotz massiver Kritik an ihrem derzeitigen Kurs lässt die EZB den Leitzins auf dem aktuellen Tiefststand von Null. Der Einlagezins wird weiterhin bei minus 0,4 % liegen. So entschied der EZB-Rat auf seiner Sitzung Anfang September. Der Rat erwartet, dass die Leitzinsen auch in Zukunft auf dem aktuellen oder auf einem sogar noch niedrigeren Niveau bleiben werden. Anleger, die eine weitere Lockerung erwartet hatten, reagierten enttäuscht, so dass der DAX kurz nach der Leitzinsentscheidung deutlich abrutschte. Zeitweise lag er bei nur 10.570 Punkten, erholte sich dann jedoch wieder ein wenig.

Mario Draghi betonte, dass das Quantitative Easing der EZB bis mindestens März 2017 und bei Bedarf sogar noch länger laufen wird, bis eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennbar wird. Bis März sollen Wertpapiere im Gesamtvolumen von 1,74 Billionen Euro gekauft werden.

Rund 80 Millionen Euro werden monatlich von der EZB in Staatsanleihen und andere Wertpapiere investiert. Insbesondere die für die Umsetzung des QE-Programms benötigten Bundesanleihen werden mittlerweile immer knapper. Würden die USA ihren Leitzins erhöhen, wäre dieses Problem jedoch gelindert. Privatanleger würden ihr Geld ertragreicher im Ausland anlegen wollen und ihre Bundesanleihen verkaufen, welche die EZB dann wiederum kaufen könnte.

Vor der US-Präsidentschaftswahl im November bleibt die amerikanische Notenbank jedoch vorsichtig und lässt ihren Leitzins ebenfalls weiterhin unverändert. In der September-Sitzung wurde beschlossen, dass der Zielkorridor weiterhin bei 0,25 bis 0,5 % liegen wird.

Für Dezember rechnen jedoch viele Experten mit einer Zinserhöhung, denn der Ausschuss sendete deutliche Signale. Zuletzt hatte die Fed ihren Leitzins im Dezember 2015 erhöht. Diese Aussicht auf eine Zinserhöhung beflügelte den deutschen Aktienmarkt. So legte der DAX am Tag nach der Fed-Sitzung um 1,8 % auf 10.629 Punkte zu.

Ausblick

Solange die Fed nicht vorausgeht, wird die EZB keinen Versuch unternehmen, ihre expansive Geldpolitik zurückzufahren. Und selbst im Falle eines US-Zinsschrittes wird es eine ganze Weile dauern, bis die EZB ihre Maßnahmen in homöopathischen Dosen reduziert und eine Zinserhöhung in Europa denkbar wird.

Ruhiger Sommer

Für die Finanzmärkte gehörten der August wie auch der Juli dieses Jahres zu den ruhigsten Sommermonaten seit langer Zeit. Die Aktien der US-Börsen bewegen sich seit circa sechs Wochen in einer extrem schmalen Bandbreite von ungefähr 2,5 % und befinden sich auf ungefähr demselben Niveau wie Mitte Juli.

Hoffnungen auf eine kontinuierliche, akkommodierende Politik der Zentralbanken und ein sich verbesserndes Bild der Einkünfte untermauern scheinbar das Niveau. Ein Aufwärtstrend hingegen wird durch sich verschlechternde Makrodaten, Wahlunsicherheit und eine bewertungsinduzierte „Höhenangst“ limitiert.

Die 30-tägige Volatilität für den S&P500 ist auf 5,4 % gefallen, was einem Rekordtief entspricht. Die US-Wirtschaftsdaten im August waren eher schwach, so dass die Fed auf eine Zinserhöhung im September verzichtete. Der ISM Manufacturing Index stand bei 49,4 gegenüber einem erwarteten Wert von 52. Der Non-Manu-facturing Index fiel dagegen vom früheren Niveau von 55,5 auf 51,4. Der MSCI World Index und der S&P500 haben im August beide 0,1 % verloren, während Japan 1,9 % zugelegt hat. Dies entspricht jedoch immer noch einem Minus des Nikkei von 11 % in diesem Jahr.

In der Eurozone haben sich die Aktien ebenfalls mit 1,1 % positiv entwickelt, liegen jedoch auch hier auf das Jahr bezogen noch 7,5 % im Minus.

Die Emerging Märkte zeigten sich weiterhin als die am besten performende Anlageklasse in diesem Jahr. Im August legte sie um 2,3 % zu.

Das Gold gab auch im August weiter nach und beendete den Monat mit einem Minus von 3,4 %. Neben der Aufwertung des US-Dollars wirkte auch die Aussicht auf eine baldige Zinserhöhung in den USA belastend. Da Gold keine Zinsen abwirft, würde es für Investoren im Falle einer Zinserhöhung relativ zu Zinspapieren unattraktiver.

Bericht des Weltwirtschaftsforums: Blockchain wird das Herz der Finanzwelt

Auch das Weltwirtschaftsforum geht davon aus, dass Blockchain die Art und Weise, wie Finanzinstitute weltweit Geschäfte machen, grundlegend verändern wird. Der Report „Die Zukunft der Finanzinfrastruktur“ zeigt konkret neun einzelne Nutzungsarten von Blockchain in sechs Finanzdienstleistungsbereichen: Versicherung, Zahlungsverkehr, Provisionierung, Investmentmanagement, Kapitalbeschaffung sowie Einlagen- und Kreditgeschäft. Die Experten erwarten, dass auch andere junge Technologien in der Finanzindustrie wie Biometrie, Cloud Computing, Cognitive Computing, maschinelles Lernen, Quanten-Computing und Robotik in Kombination mit der Blockchain-Technologie weitere Innovationsstufen erreichen werden. 2017 werden bereits vier von fünf Banken mit der Technik experimentieren, prognostizieren die Autoren der Studie.

Quelle: www3.weforum.org/docs/WEF_The_future_of_financial_infrastructure.pdf

Banken zwischen Bargeld und Blockchain

Bild: © BillionPhotos.com – Fotolia

Bereits 2015 propagierte der Wirtschaftsweise Peter Bofinger die Abschaffung des Bargelds. „Bei den heutigen technischen Möglichkeiten sind Münzen und Geldscheine tatsächlich ein Anachronismus“, äußerte sich Bofinger in einem SPIEGEL-Interview im vergangenen Jahr. Ohne Bargeld würden Schwarzarbeit, Drogenhandel, Geldwäsche oder Steuerhinterziehung kaum noch möglich sein, argumentiert Bofinger. Darüber hinaus wären Bargeldtransaktionen mit einem größeren Aufwand verbunden, denn das Zählen und Lagern von Bargeldbeständen koste Zeit und Raum.

In diesem Jahr nun wurde die Debatte um die mögliche Abschaffung des Bargelds angefeuert, als die EZB beschloss, den 500-Euro-Schein abzuschaffen und Obergrenzen für Bargeldtransaktionen diskutiert wurden. Sie begründete diesen Schritt mit der Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus. Doch der tatsächliche Grund für die Notenbanker könnte ein anderer sein: Denn ohne Bargeld hätten es die Zentralbanken leichter, ihre expansive Geldpolitik durchzusetzen. So sprachen sich schon früher der ehemalige US-Finanzminister und Ökonom Larry Summers und der US-Ökonom und ehemalige Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds Kenneth Rogoff für die Abschaffung aus, da die Wirkung geldpolitischer Maßnahmen, wie die Senkung von Leitzinsen, verpufft, wenn Banken und Verbraucher Bargeld horten.

Zusätzliche Brisanz erhält das Thema, wenn Negativzinsen ins Spiel kommen. Die EZB verlangt bereits Strafzinsen von Banken, die Guthaben bei der Zentralbank hinterlegen. Damit will sie erreichen, dass die Banken das Kapital nicht parken, sondern über Kredite an Unternehmen in Umlauf bringen und die Konjunktur ankurbeln. Doch die seit der Finanzkrise eingeführte Regulierung mit hohen Anforderungen an das Risikomanagement der Banken hat dazu geführt, dass diese äußerst restriktiv in ihrer Kreditvergabe geworden sind. Statt also Kredite zu vergeben, beginnen diese nun ihrerseits, Negativzinsen auf Guthaben ihrer Kunden zu erheben. Diese sind ohnehin schon angesichts des geringen Zinsniveaus von Kapitalanlagen frustriert. Bisher war nicht jedem bewusst, dass sein Vermögen angesichts geringer Renditen unterhalb der Inflationsrate real schwindet. Doch mit Negativzinsen dürfte jedem klar sein, dass sich so nicht vorsorgen lässt.

Daher sorgt sich die EZB, dass es zu einer Geldflucht kommen könnte. Kunden könnten ihre Konten räumen und Bargeld horten, so wären sie zumindest vor den Negativzinsen sicher. Würde das Bargeld jedoch abgeschafft, müssten die Menschen Konten nutzen und könnten ihr Geld nicht dem Finanzsystem und Bankenkreislauf entziehen. Die expansive Geldpolitik der EZB könnte dann besser ihre Wirkung entfalten. Denn ein weiterer Effekt wäre, dass private Anleger anstelle von Bankguthaben ihr Kapital in Sachwerte investierten. Diese haben einen eigenen beständigen Nutzwert und ihr Wert steigt mit der Inflation. Vor allem Aktien könnten als leicht handelbare Sachwerte profitieren.

Doch eine bargeldlose Welt ist auch eine gläserne Welt. Jede Zahlung ist nachvollziehbar, jeder private Kauf dokumentiert. Was Geldwäsche, Steuerhinterziehung und andere Arten von Kriminalität zumindest erschwert, wird von vielen als massiver Eingriff in die Privatsphäre und Angriff auf die Bürgerrechte verstanden.

Banken und Sparkassen kann das egal sein, sie dürften sich über die künftig vermeintlich alternativlose Nutzung ihrer Konten und der damit einhergehenden Gebühren freuen. Allerdings droht hier bereits eine andere Gefahr, die den Zahlungsverkehr als bisherige Domäne der Banken und Sparkassen revolutionieren könnte. Bisher wurde der Bitcoin als Spinnerei von Nerds abgetan. Doch die dahinter stehende Idee hat ein ungeheures Potenzial.

Die sogenannte Blockchain-Technologie macht Transaktionen, die im bisher üblichen Bankenverkehr bis zu 24 Stunden benötigten, in Sekundenschnelle möglich – sicher und mit marginalem Aufwand.

Das wirklich Revolutionäre daran ist, dass die Transaktion für beide Seiten sicher ohne eine dritte Kontrollinstanz, also ohne Banken, abläuft. Die Blockchain-Technologie funktioniert wie eine digitale Bilanz von Transaktionen zwischen Computern, die dezentral und transparent auf vielen anderen Computern in redundanten und miteinander verbundenen Daten-„Blöcken“ gespeichert wird. Enthaltene Prüfsummen stellen sicher, dass die einzelnen Datenblöcke nicht manipuliert werden können. So ist die entsprechende Zahlungsinformation immer verfügbar, verifiziert und nahezu unmöglich zu manipulieren. Das Internet selbst wird quasi zum Kassenbuch – Banken und Sparkassen verlieren damit ein ganzes Geschäftsmodell.

Die Transaktionen sind zwar transparent, aber gleichzeitig weitestgehend anonym: Die Blockchain kennt keine Namen, sondern nur Prüfsummen und kryptografische Schlüssel. Neue Blöcke werden in einem rechenintensiven Prozess erschaffen, der „Mining“ genannt wird, und anschließend über das Netzwerk an die Teilnehmer verbreitet. Vorstellbar wäre, dass künftig Zentralbanken diese Technologie nutzen, um ihre Finanzsysteme zu unterhalten. Jens Weidmann, Präsident der Bundesbank und Vorsitzender des Verwaltungsrats der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) in Basel, ist gegen die Abschaffung von Bargeld, sieht in der Blockchain-Technologie aber auch Chancen für die Zentralbanken.

Großes Potenzial bietet die Blockchain-Technologie auch für die schnelle und effiziente Abwicklung von strukturierten Produkten wie Aktienanleihen. Mit Hilfe von sogenannten „Smart Contracts“, bei denen Bedingungen in die Datenblöcke der Blockchain programmiert werden, könnten unter anderem Zinszahlungen oder Rückzahlungen bei Laufzeitende automatisch ausgeführt werden.

Noch steckt die Blockchain-Technologie in der Entwicklungsphase, doch es ist absehbar, dass sie in den nächsten drei Jahren den Finanzdienstleistungssektor massiv verändern wird.

Roubini Thoughtlab: Wealth and Asset Management 2021

Technologische, wirtschaftliche und demografische Veränderungen werden die Wealth-Management-Industrie bis zum Jahr 2021 grundlegend verändern. Zu diesem Schluss kommen die Forscher des Roubini Thoughtlab in ihrem im September 2016 veröffentlichten Bericht „Wealth and Asset Management 2021“.

Diese Verschiebungen werden zu größerem globalen Vermögen führen, aber auch die Erwartungen der Anleger für neue Beratungsangebote und digitale Lösungen erhöhen. Anbieter wollen darauf mit dem Auf- und Ausbau von FinTech-Kapazitäten und der Entwicklung neuer digitaler, jederzeit und überall verfügbarer Angebote reagieren. Insbesondere Universalbanken und Investmentfondsgesellschaften sind offenbar Treiber dieser Entwicklung.

Letztlich werden smarte Technologien wie virtuelle Realität, künstliche Intelligenz, Sentimentanalysen, virtuelle Arbeitsteilung und Blockchain zu einer stärkeren Differenzierung der Anbieter führen. Fast zwei Drittel (64 %) der befragten Investmentanbieter gehen von einem Einsatz der Blockchain-Technologie innerhalb der nächsten fünf Jahre aus.

Quelle: www.roubinithoughtlab.com/wealth2021

Die Zukunft

Bild: © detailblick-foto – Fotolia

“Ich glaube an das Pferd. Das Auto ist eine vorübergehende Erscheinung!” Diesen Satz äußerte Kaiser Wilhelm II., König von Preußen. Heute wissen wir, dass er sich ebenso irrte wie Sir Kelvin, der nicht an den Nutzen des Radios glaubte, Mary Somerville, die als Radiopionierin dem Fernseher keine Chance gab und selbst Bill Gates, der 1995 sagte: „Das Internet ist nur ein Hype.“

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und empfindet insbesondere Neuerungen, die das eigene bisherige Handeln in Frage stellen, oftmals als Bedrohung. Doch Innovation lässt sich nicht aufhalten. Wir leben in einem Zeitalter, in dem der technologische Fortschritt eine immer schnellere Geschwindigkeit annimmt. Und doch befinden wir uns noch immer am Anfang der exponentiellen Kurve, welche die technologische Entwicklung beschreibt.

Bill Gates glaubte 1981 auch noch, dass 641 Kilobyte Speicher ausreichend seien. 1985 musste man für eine Festplatte mit 20 Megabyte umgerechnet über 2.000 Euro auf den Tisch legen, das entspricht rund 100 Euro pro Megabyte oder 104.000 Euro für das Gigabyte. Heute kaufen wir Festplatten mit zwei Terrabyte für rund 100 Euro. Damit ist der Preis durch die rasant voranschreitende Entwicklung der Speichermedien in gut 30 Jahren um 99,995 % gefallen.

Ein heute 60 Jahre alter Mensch kann sich noch an Zeiten erinnern, als es noch kein Farbfernsehen gab, geschweige denn Personal Computer oder Mobiltelefone. Ein 40 Jahre alter Mensch wird vermutlich im Alter von knapp 20 Jahren den ersten Kontakt mit dem Internet über ein 56 k-Modem gehabt haben.

Für einen heute 20-jährigen ist eine Welt ohne Internet und Smartphone kaum vorstellbar. Unsere Kinder wachsen als Digital Natives auf. Die intuitive Bedienung eines Smartphones oder Tablets ist ihnen in die Wiege gelegt. Für sie wird es normal sein, das Internet zu nutzen.

Allerdings werden die Geräte, mit denen sie in der Zukunft das Internet nutzen werden, andere sein. Mit dem kommenden Internet der Dinge werden alle möglichen Geräte vernetzt sein. Wo heute noch das Smartphone als Zugangsgerät zu den Informationen des World Wide Web genutzt wird, werden morgen virtuelle Einblendungen in Brillen oder direkt in unsere Netzhaut uns jederzeit und überall mit zusätzlichen Informationen versorgen.

Für Investoren bietet die rasante Entwicklung ungeheure Investitionschancen – aber natürlich auch Risiken. Vor allem bedeutet sie aber auch, dass sich ebenfalls die Art und Weise der Investments verändern wird. Die Abwicklung wird eine vollkommen andere sein. Denn auch die Finanzsysteme erleben mit den Möglichkeiten neuer Technologien einen vollständigen Umbruch.

Mehr dazu lesen Sie in unserem Fokus-Thema des Monats 09|2016 und den News 09|2016.

In diesem Sinne: Seien Sie offen für Neues! Fortschritt lässt sich nicht aufhalten, aber nutzen!

NEWSLETTER-ABO

Die wichtigsten Neuigkeiten aus der Finanzbranche fassen wir Ihnen regelmäßig in einem persönlichen Newsletter zusammen.

Newsletter abonnieren

DIALOG

Als Mitglied der PATIO Lounge teilen Sie Ihr Wissen und Ihre Sicht auf die Finanzwelt mit anderen. Wir freuen uns auf den Dialog.

Artikel einsenden

EMPFEHLEN SIE UNS

Ihnen gefällt die PATIO Lounge?
Dann empfehlen Sie uns weiter.