Das Öl-Paradoxon

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1,14 Euro leuchtet es Anfang Februar Autofahrern an der Tankstelle entgegen. Soviel in etwa kostet der Liter Super aktuell. Viel günstiger geht es in Deutschland kaum, von den rund 1,14 Euro sind 18 Cent Mehrwertsteuer und rund 65 Cent entfallen auf die Energiesteuer inklusive 15 Cent Ökosteuer. Bleiben rund 30 Cent pro Liter. Mitte 2014 begann der stete Fall: Der Ölpreis der Sorte Brent betrug damals rund 114 US-Dollar pro Barrel. Heute sind es kaum über 30 US-Dollar, mehr als 70 % büßte der Wert ein. Der Grund liegt in einem erbitterten Verdrängungswettbewerb auf dem Ölmarkt. Die OPEC hält die Fördermenge hoch, um insbesondere den USA Marktanteile abzunehmen. Denn das in den USA boomende sogenannte „Fracking“, bei dem mittels Chemikalien Öl aus Schiefergestein gepresst wird, lohnt sich erst ab Ölpreisen von mehr als 50 US-Dollar pro Barrel. Das gleiche gilt für Tiefseebohrungen, wie sie unter anderem vor Brasilien praktiziert werden, und den Abbau von Ölsanden in Kanada oder Venezuela.

Doch die Golfstaaten haben möglicherweise den Gegner unterschätzt. Zwar mussten allein im vergangenen Jahr 42 Produktionsfirmen in den USA Insolvenz anmelden und die Zahl der Förderanlagen reduzierte sich um mehr als zwei Drittel, doch die Fördermenge bleibt dank immer effizienterer Produktionstechnologien und anderer Sparmaßnahmen der Ölproduzenten hoch. Allerdings haben die Pleiten Auswirkungen auf den amerikanischen Hochzinsmarkt. Viele der Fracking-Firmen wurden mit Junk-Bonds finanziert. Die Pleiten haben bereits zu Einbrüchen auf dem Markt geführt, so dass einige spezialisierte Fonds geschlossen werden mussten, was Junk Bond-Anleger branchenübergreifend verunsicherte.

Vom Öl abhängig ist auch Russland. Insbesondere, seitdem die aufgrund der Ukraine-Krise erlassenen Sanktionen der westlichen Staaten die Wirtschaft massiv belasten. Paradoxerweise lindert der Verfall des Rubels ein wenig die Auswirkungen des Ölpreisabsturzes. Denn durch die Abwertung des Rubels gegenüber dem US-Dollar fallen die Einbußen in der heimischen Währung moderater aus. Mangels Alternativen hält auch Russland die Fördermenge hoch. Das gleiche gilt für Brasilien. Auch hier mildert die Abwertung des Reals die Folgen des geringen Ölpreises, dennoch leidet die brasilianische Wirtschaft massiv. Öl ist eine Haupteinnahmequelle, das mit Abstand größte brasilianische Unternehmen mit dem größten Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt ist der Ölkonzern PetroBras. Wenn mit Russland und Brasilien zwei der BRIC-Staaten unter Druck stehen, hat das natürlich Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Für Russland erwartet der Internationale Währungsfonds 2016 eine Abnahme des BIP um 0,6 %, für Brasilien um 1,0 %.

Eigentlich müssten die weltweiten Märkte jubeln. Ein niedriger Ölpreis bedeutet für Verbraucher günstiges Benzin und geringere Heizkosten. Insbesondere in den Industriestaaten kann günstiger produziert werden. Konsum und Produktion sollten weltweit zulegen. Doch die Märkte reagieren paradox. Zum einen schlägt der geringe Ölpreis aufgrund hoher regionaler Steuerbelastungen nicht überall voll durch (siehe die eingangs gezeigte Zusammensetzung des Benzinpreises in Deutschland). Zum anderen bleiben Befürchtungen, dass einer oder mehrere der Ölstaaten unter dem Wettbewerbsdruck einknicken und in Schieflage geraten. Vor allem aber scheint in Europa ein niedriger Ölpreis nur noch für geringe Inflation zu stehen, so dass die Sorge vor deflationären Tendenzen die Konjunkturlaune drückt. So ist die derzeit äußerst geringe Inflationsrate von 0,2 % auch eine Folge des Ölpreisverfalls. Wie im Zinskommentar (siehe linke Spalte) dargestellt, nimmt der Druck auf die EZB weiter zu. Es entsteht zunehmend der Eindruck, dass die Instrumente der EZB ihre Wirkung verfehlen. Das fördert nicht gerade das Vertrauen der Investoren in die Märkte und entsprechend nervös ist deren Entwicklung. Letztlich kann die expansive Geldpolitik nur dann wirken, wenn die Marktteilnehmer an die Wirkung ihrer Mechanismen glauben und entsprechend ihrer Logik handeln. Ein Blick auf die Kernrate der Inflation, also exklusive Lebensmittelpreise und Energiekosten, zeigt, dass die Entwicklung der sonstigen Preise gar nicht so schwach ausfällt. Rechnet man also die Ölpreisentwicklung heraus, sind die EZB-Maßnahmen vielleicht doch wirkungsvoller, als von vielen wahrgenommen. Auch ist offensichtlich, dass der Ölpreis nicht so niedrig bleiben kann. Selbst den Saudis werden in spätestens fünf Jahren die Geldreserven ausgehen. Die ölexportierenden Staaten werden die hohe Fördermenge zu derart niedrigen Preisen nur für begrenzte Zeit aufrechterhalten können. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis sich die Entwicklung wieder umkehrt. Langfristig ist ohnehin klar, dass das Angebot aufgrund der begrenzten und nicht erneuerbaren Ressourcen knapper werden wird. Zumal der weltweite Ölbedarf trotz des gleichzeitigen Ausbaus der Erneuerbaren Energien weiter steigt. Fatal wäre ein abrupter Anstieg. Dieser könnte eine Schockreaktion der Weltwirtschaft auslösen. Denn nicht nur die Produktion und Konjunktur in den Industrieländern würde abgewürgt, sondern auch energieintensive Schwellenländer wie Indien würden ausgebremst. Indien importiert rund 70 % des im Land benötigten Öls. Und mit einem für 2016 geplanten Wirtschaftswachstum von 7,5 % ist der indische Elefant derzeit das Zugtier der Weltwirtschaft.

Die Analysten von Goldman Sachs halten einen Ölpreis von unter 30 US-Dollar für möglich. Der insgesamt milde Winter in Europa und Nordamerika könnte in Verbindung mit Rekordbeständen den Preis sogar in Richtung der 20 US-Dollar drücken. Bei der Citigroup hält man dagegen einen Durchschnittspreis von 48 US-Dollar für ein Barrel der US-Sorte WTI für realistisch. In der ersten Jahreshälfte 2015 blieben die Preise demnach auf niedrigem Niveau, stiegen dann aber im Jahresverlauf bis auf 55 US-Dollar im vierten Quartal. Morgan Stanley senkte im Februar die Ölpreisprognose für die europäische Sorte Brent auf 30 US-Dollar für 2016 und 40 US-Dollar für 2017. Experten von JP Morgan rechnen für 2016 nur noch mit einem Durchschnittspreis von 31,50 US-Dollar für ein Barrel Brent-Oil. Die U.S. Energy Information Administration (EIA) erwartet für 2016 einen Jahresdurchschnitt von 40,15 US-Dollar pro Barrel Brent.

Zug um Zug

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Kennen Sie dieses Gefühl? Man denkt, schlimmer kann es nicht mehr kommen und dann kommt die nächste Katastrophe um die Ecke. Das Schicksal scheint sich gegen einen verschworen zu haben und man weiß gar nicht, wo man zuerst anpacken soll.

So dürfte es derzeit vielen Fondsmanagern und Vermögensverwaltern gehen. Denn die Märkte reagieren sehr sensibel auf die Vielzahl von weltweiten Faktoren, die sie beeinflussen. Da wären die unberechenbare chinesische Börse, der massiv gefallene Ölpreis, den wir uns in unserem Fokus-Thema des Monats 02|2016 etwas genauer anschauen wollen, geopolitische Krisen in der Ukraine und vor allem in Syrien, das Flüchtlingsdrama in Europa, die nicht ausgestandene Griechenlandkrise und die damit einhergehende Belastungsprobe für die Europäische Union, der drohende Brexit und die an ihre Grenzen stoßende Geldpolitik der EZB.

Zu allem Überfluss müssen sich Vermögensverwalter hierzulande dann noch mit der zunehmenden Regulierung auseinandersetzen. Und als wäre das nicht genug, haben sich sogenannte FinTechs auf die Fahne geschrieben, alles besser zu machen und den Faktor Mensch nun auch aus der Vermögensverwaltung zu eliminieren.

In einer derart komplexen Situation hilft nur eins: Gelassen bleiben. Ganz nach dem weisen Sinnspruch „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Komplexe Situationen lassen sich am besten überstehen, wenn man sie in lösbare Teilprobleme zerlegt.

Die einzelnen Teile werden dann priorisiert und der Reihe nach abgearbeitet. Zug um Zug. Der Fokus auf die einzelnen Aufgaben hilft uns, mental nicht zu blockieren. Und jede gelöste Aufgabe ist ein Erfolgserlebnis für sich. Das motiviert.

Grundsätzlich gilt: In jeder Marktphase liegen Chancen begründet. Wir müssen sie nur erkennen und für uns respektive unsere Kunden nutzen. Das ist uns zum Beispiel mit unseren Produkten PATIO Direkt Eins und PATIO Direkt Zwei im vergangenen Jahr gelungen: Trotz eines äußerst volatilen Marktverlaufs und vielen kleinen und großen Herausforderungen haben wir die geplanten jeweiligen Zinszahlungen in Höhe von 4,25 % p. a. beziehungsweise 5,25 % p. a. erwirtschaften können.

In diesem Sinne: Lassen Sie sich nicht von scheinbar schlechten Nachrichten beeindrucken. Denn in jeder liegt auch eine Chance. Sie müssen es nur angehen, Zug um Zug.

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