Zentralbanken pflegen heutzutage eine relativ öffentliche Kommunikation und informieren regelmäßig über ihre geldpolitischen Entscheidungen. Dabei geben sie sowohl einen erklärenden Rückblick, als auch einen Ausblick auf mögliche künftige Entscheidungen. Die Kommunikation über den wahrscheinlichen zukünftigen Kurs der Geldpolitik wird als „Forward Guidance“ bezeichnet.
Diese ist für viele Einzelpersonen und Unternehmen ein wichtiges Kriterium, um Entscheidungen über Ausgaben und Investitionen zu treffen. Vorausschauende Leitlinien für die zukünftige Politik können daher die heutigen finanziellen und wirtschaftlichen Bedingungen beeinflussen.
Erstmals wurde eine Forward Guidance von der Zentralbank von Neuseeland 1997 als geldpolitisches Instrument eingesetzt. Später folgten Norwegen und Schweden. In den USA verwendete das Federal Open Market Committee (FOMC) Anfang der 2000er Jahre erstmals in seinen Postmeeting-Statements nach vorn gerichtete Leitlinien. Bevor das FOMC sein Ziel für den Leitzins im Juni 2004 erhöht hatte, signalisierte es eine Reihe von Änderungen in der Aussagesprache, um zu signalisieren, dass es sich dem Zeitpunkt näherte, zu dem eine Straffung der Geldpolitik erforderlich war. Der legendäre Alan Greenspan war dann der erste Fed-Präsident, der mit dem Instrument der Forward Guidance experimentierte.
Die EZB begann erst am 04. Juli 2013 mit dieser Form der aktiven Erwartungssteuerung. In den 15 Jahren zuvor hieß es grundsätzlich „we never precommit“ – man lege sich niemals vorab fest. Doch an jenem 04. Juli erklärte Mario Draghi überraschend, die EZB wolle den Leitzins noch „für einen ausgedehnten Zeitraum“ niedrig halten. Diese Aussage hätte konkreter sein können, gab aber erstmals einen vagen Ausblick. 2009 hatte Fed-Chef Ben Bernanke die gleiche Floskel verwendet und den globalen Finanzmärkten mitgeteilt, die Fed würde den Leitzinskorridor „für einen ausgedehnten Zeitraum“ bei nahe 0,0 % halten.
Die Forward Guidance ist insbesondere dann ein wichtiges Instrument der Geldpolitik, wenn eine weitere Senkung der Zinsen kaum noch möglich ist. Dann wirkt die Aussicht auf einen noch längeren Zeitraum mit Null-Zinsen ähnlich wie eine weitere Zinssenkung. Ist die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf absehbare Zeit ohnehin unwahrscheinlich, verliert die Forward Guidance an Wirksamkeit.
Ungemein wichtig ist die konsistente Kommunikation der Notenbanker. Bereits eine geringfügige Abweichung in der öffentlichen Äußerung kann schwerwiegende Folgen haben, etwa dann, wenn Ratsmitglieder unterschiedliche Indikationen geben, was unter einem „ausgedehnten Zeitraum“ zu verstehen sei. Die Reaktion der Märkte folgt in der Regel prompt.