01 | 2016 Fokus

Ausblick 2016 – Auf Messers Schneide?

 

An der Börse begann das Jahr 2016 mit einem Fehlstart. Den ohnehin mageren Jahresgewinn aus 2015 verlor der DAX Anfang 2016 zunächst innerhalb weniger Tage. Am ersten Handelstag des Jahres 2015 schloss der DAX bei 9.764,73 Punkten, am ersten Handelstag 2016 bei 10.283,44 Punkten. Ein Plus von 5,3 %. Doch am 11. Januar 2016 lag der Kurs bei nur noch 9.825,07 Punkten.

Anfang Dezember 2015 stand der DAX zuletzt über 11.000 Punkte. Wer damals Analysten nach ihrer Prognose für das Jahresende fragte, bekam ganz unterschiedliche Antworten. Nicht wenige erwarteten eine Jahresendrallye, die jedoch ausblieb. Was erwartet die Investoren nun im Jahresverlauf 2016? Die derzeit wirkenden Einflussfaktoren sind so zahlreich und in ihrer Wirkung so unterschiedlich, dass eine verlässliche Prognose kaum möglich scheint. Wir wollen aber, die wichtigsten Einflussfaktoren für das Jahr benennen und ihre möglichen Auswirkungen beschreiben. Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase werden Aktien weiter eine gute Nachfrage erfahren, da es an Alternativen mangelt und die Dividendenrenditen oft deutlich über Rentenniveau liegen. Diese zinsgetriebene Nachfrage bedeutet jedoch eine hohe Sensitivität hinsichtlich der Geldpolitik der Zentralbanken. Und die unterscheidet sich deutlich, wenn man sich die wichtigsten drei Wirtschaftsräume anschaut.

Während in den USA die Krise als beendet erklärt und die Zinswende vollzogen wurde, deuten bei der EZB auch 2016 alle Zeichen eher auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik. Der Zins kann zwar kaum noch gesenkt werden, die Anleihekäufe jedoch weiter ausgedehnt werden. Völlig unberechenbar dagegen agiert die chinesische Zentralbank. Ihr unverhältnismäßiges Krisenmanagement schickte die Kurse erst recht auf Talfahrt.

Goldman Sachs identifizierte in einer aktuellen Studie drei Wellen der Finanzkrise. Die erste Welle wurde durch die Subprime-Krise in den USA ausgelöst. Die US-Notenbank Fed reagierte darauf entschieden mit harten Maßnahmen. Sie senkte die Zinsen, startete den Ankauf von Anleihen und ließ den US-Banken per erzwungener Teilverstaatlichung 250 Mrd. US-Dollar zufließen. Mit Ausnahme von Lehman Brothers, deren Pleite eine harte Zäsur für den Mythos der Investmentbanken bedeutete.

In Europa kamen die Auswirkungen etwas verzögert an und zögerlicher reagierte auch die europäische Zentralbank. Mittlerweile hatten sich die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft verschärft und die Komplexität der Situation weiter erhöht. Mehrere Krisen begannen sich in der zweiten Welle der Krise zu überlagern. Entsprechend hat Europa heute noch mehr mit den Folgen der Krise zu kämpfen. Allein ein Blick auf die Bilanzen der Banken zeigt, dass dort noch jede Menge Altlasten zu bewältigen sind, derer sich die US-Banken längst befreit haben.

In den aufstrebenden Schwellenländern wie den BRIC-Staaten und insbesondere China profitierten die Märkte tatsächlich erst noch von der Krise, da ihnen Kapital aus Europa und den USA zufloss. Doch die Quittung folgt nun in der dritten Welle. Experten befürchten eine gigantische Blase auf dem chinesischen Markt. Immer mehr Zweifel an den Prognosen und Wachstumsdaten aus dem Reich der Mitte werden laut. Mit der Zinswende in den USA steigt jetzt der Druck auf diese Blase. Immer mehr Kapital fließt ab und entsprechend sensibel reagieren die Märkte in Asien. Die Zentralbank schürt mit drastischen Maßnahmen, die Unsicherheit, die sich wiederum über die Importe in die exportstarken europäischen Länder allen voran Deutschland fortsetzt.

In den nicht asiatischen BRIC-Staaten Brasilien und Russland sieht es nicht besser aus. In Russland blockieren Sanktionen und der schwache Rubel die Wirtschaft. In Brasilien sind es Korruption und die hohe Verschuldung. Beide Staaten leiden darüber hinaus als Ölexporteure besonders unter dem niedrigen Ölpreis. Damit haben auch die Ölstaaten des Nahen Ostens zu kämpfen. Für einen ausgeglichenen Haushalt bräuchten sie einen Preis von rund 100 Barrel. Doch der aktuelle Preis liegt weit darunter. Eine Reduzierung der Fördermenge kann sich ein einzelnes Land kaum leisten, die Einnahmen wurden sofort wegbrechen. Erst eine konzertierte Verknappung des Angebots könnte den Preis kurzfristig anheben. Eine weitere Wettbewerbs-Komponente ist das sogenannte „Fracking-Oil“. Insbesondere in den USA wird durch in den Boden gepresste Chemikalien der letzte Rest aus den natürlichen Öllagern gequetscht. Dieses aufwendige und höchst umstrittene Förderverfahren lohnt sich eigentlich auch erst bei Ölpreisen jenseits der 100 US-Dollar-Marke. Doch im Wettbewerb mit Russland und den arabischen Ölstaaten wird auch die defizitäre Förderung aufrechterhalten. Knickt einer der großen Wettbewerber ein und drosselt die Förderung, ließe das den Ölpreis nach oben schnellen. Das wiederum würde die ölabhängigen Industrienationen in Europa und Japan aber auch andere Schwellenländer hart treffen.

Gleichzeitig würde ein steigender Ölpreis die weiteren Rohstoffpreise mitziehen, die Inflationsrate erhöhen und damit die Zielgröße der Zentralbanken und deren Geldpolitik beeinflussen.

Was bedeutet das nun alles für Investoren im Jahr 2016? Die Märkte bewegen sich in einem recht fragilen Gleichgewicht komplexer Abhängigkeiten. Eine umsichtige (Geld-)Politik vorausgesetzt, könnte diese Situation über das Jahr andauern und damit den Kurs des Vorjahres fortsetzen. Doch eine Überreaktion an einer Stelle könnte die Balance zerstören und alle Märkte ins Wanken bringen. Vorsicht also mit festen Prognosen.

Umsichtige Investoren berücksichtigen beide Möglichkeiten und greifen daher zu Instrumenten, welche die Partizipation an leicht steigenden Märkten erlauben und bei schwankenden Märkten mit ausreichendem Sicherheitspuffer ausgestattet sind. Wer eher seitwärts tendierende Märkte erwartet, findet einiges Renditepotential in Aktienanleihen, sollte aber auf einen soliden Sicherheitsabstand zur Barriere achten.

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